Der Priester, wesentlich ein Mann

Ein Leser schickt uns einen Pfarrbrief, in dem ein polnischer Pfarrer einen „bekehrten“ Russisch-Orthodoxen begrüßt:

Weihnachten 2009

Die am 13. September 2009 in unserer Pfarrei erfolgte Konversion der Familie Vulpe von der russisch-orthodoxen zur römisch-katholischen Kirche hat unsere Gemeinde mit großer Freude erfüllt. Die Familie Vulpe zog Mitte November in das ehemalige Schwesternhaus ein, dessen Sanierung bis Ende März abgeschlossen sein wird. Bei der Feier der Konversion wurde der ehemalige orthodoxe Priester Vasile Vulpe nicht nur in die katholische Kirche aufgenommen, sondern er durfte zum ersten Mal an der heiligen Messe im römischen Ritus teilnehmen. Nicht wenige von uns waren dabei überrascht, dass ein verheirateter Priester die heilige Messe mitfeiern durfte. Die Priester der katholischen Kirche sind ja an den Zölibat, die Ehelosigkeit, die man bei der Priesterweihe verspricht, gebunden. Die Tatsache, dass die Ehelosigkeit das Wesen des Sakramentes der Priesterweihe in ihrer Gültigkeit nicht tangiert, von Christus aber auf dem Weg der Nachfolge hin zu „einem anderen Christus“ (lat. „alter Christus“) gewollt ist, lässt sich zwar theologisch gut begründen, aber sie bleibt für den Nichttheologen dennoch nicht ganz einsichtig. Erst die Entscheidung des Heiligen Vaters vom 20. Oktober 2009, also nur wenige Tage nach der Konversion der Familie Vulpe in unserer Pfarrei, bezüglich der Aufnahme von mehr als 500.000 Anglikanern, darunter eine Schar von verheirateten Priestern und Bischöfen, hat uns auf beeindruckende Weise gezeigt, dass auch wir an dieser historischen Entscheidung des Papstes Anteil haben dürfen.

Ja, diese weit reichende und mutige Entscheidung des Papstes hat uns zutiefst beeindruckt, eine Sternstunde auf dem Weg zur Einheit, eine Botschaft, die in sich etwas Weihnachtliches trägt. „Das Volk, das im Dunkel lebt, sieht ein helles Licht“ (Jes 9,1). Diese Anglikaner baten den Papst um die Aufnahme in die Kirche, sie sind nach 500 Jahren nach Rom zurückgekehrt. Die Gründe sind schon seit Jahren bekannt: Die Weihe von Homosexuellen und die Weihe von Frauen. Vor allem die in Afrika lebenden Anglikaner konnten mit der liberalen Entwicklung innerhalb der anglikanischen Kirche nicht mehr mitgehen.

Die alten Fragen der Metaphysik und Ontologie sind plötzlich wieder von entscheidender Bedeutung. Was ist das Wesentliche an der Priesterweihe und was ist sehr wichtig und doch akzidentell (veränderbar)? Das Wesentliche an der Priesterweihe ist weder an eine bestimmte Zeit noch an eine historische Entwicklung gebunden. Über das Wesentliche kann nicht einmal der Papst und die Kirche selbst als Ursakrament verfügen. So gehört zum Beispiel zum Wesen der Weihe das Gebundensein an den Mann, weil der Priester Christus, den ewigen Priester repräsentiert. Dagegen gehört die Ehelosigkeit des Priesters nicht zum Wesen des Priestertums. Dass sie ein hohes Gut und Geschenk Gottes ist, bleibt für den Papst auch nach der Entscheidung vom 20. Oktober unumstritten.


© imprimatur April 2010
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