Synode: „Afrikas Kirche würde ohne Frauen sterben“

Frauen sind in der Gesellschaft und auch in der Kirche Afrika noch immer nicht an der Stelle, die ihnen zusteht. Mehrere Synodenväter haben diesen Sachverhalt in den Mittelpunkt ihrer Redebeiträge gestellt. Über die Frau in der afrikanischen Kirche hat unsere Synoden-Korrespondentin Gudrun Sailer mit Erzbischof Charles Palmer Buckle von Accra in Ghana gesprochen.

„Die Mehrheit unserer Gläubigen sind Frauen – so zwischen 60 und 70 Prozent. Meiner Meinung nach können wir die Frauen nicht ausschalten von der Verwaltung der Kirche. Ohne Frauen wird die katholische Kirche in Afrika zugrunde gehen – ehrlich gesagt! Darum sind wir der Meinung, je mehr Frauenförderung wir in der Kirche verwirklichen können, desto mehr werden auch unsere Jugendlichen, unsere Kinder und auch unsere Männer profitieren. Frauen haben ein besonders Charisma. Das müssen wir annehmen.“

Besonderes Potential haben die Frauen nach Ansicht des ghanischen Erzbischofs im Bereich Bildung.

„Zum Beispiel in der Priesterausbildung, wo sie als Theologinnen lehren – wir brauchen das, damit die Seminaristen sofort merken, dass für ihre Bildung Frauenwürde ehrlich angenommen werden muss. Zweitens, in meiner Diözese haben wir 160 Schulen in kirchlicher Trägerschaft – an der Spitze ist eine Frau, die mit Herz und Seele dabei ist. Über 70 Prozent des Lehrpersonals ist weiblich. Sie haben also eine sehr wichtige Rolle.“

Auch in den Pfarreien kann das weibliche Element noch aufholen, meint Erzbischof Palmer-Buckle. Allerdings brauche es für eine echte Wertschätzung der Frauen in der Kirche noch mehr Akzeptanz von Seiten der Universalkirche.

„In meiner Diözese beispielsweise hatten wir im Februar eine Synode, unsere zweite. Über 60 Prozent der Teilnehmer waren Frauen. Sie haben sich sehr stark für Frauenwürde und Frauenrechte in der Kirche ausgesprochen, und ich habe das angenommen. In den normalen pastoralen Gremien und auf Diözesanebene sind bereits welche vertreten. Aber wir müssen Frauen haben, nicht nur weil sie Teil der Choreographie sind. Sondern ausgebildete Frauen sind in der Lage, ihr Engagement einzubringen. Das wird, glaube ich, ganz langsam mit der Zeit auch in der Universalkirche ankommen.“

„Eine neue Generation afrikanischer Bischöfe“

P. Damian Weber nahm als Generalsuperior der Mariannhiller Missionare aus Südafrika an der Synode teil. Der gebürtige Churer hat auch einen südafrikanischen Pass und ist im Herzen Afrikaner.

„Was mich freut: Ein großer Teil dieser Bischöfe, 80 oder 90 Prozent, waren bei der ersten Afrikasynode 1994 nicht mit dabei. Es ist also eine neue Generation da, und da spüre ich ein Selbstbewusstsein, das mich nicht überrascht, aber das mir Freude macht.“

Wie äußert sich dieses Selbstbewusstsein?
„Es ist eine gewisse innere Sicherheit, dass Afrika nicht nur ein Problemkontinent ist, sondern ein Kontinent, der, wenn wir zusammen helfen, auch sich selber helfen kann und der Welt etwas zu geben hat. Und das spürt man. Die Männer bzw. alle die da sind, Männer und Frauen, leider stimmt das Gewicht noch nicht ganz – aber immerhin die Leute, die da sind, werden von dieser Überzeugung getragen, das spürt man.“

Welche Rolle spielen denn Frauen und besonders Katholikinnen in der südafrikanischen Gesellschaft?
„Wenn wir die nicht hätten, hätten wir keine Gesellschaft, und ich meine das nicht biologisch. Sondern die Frauen tragen die Hoffnung und sorgen dafür, dass überhaupt noch etwas am Leben ist.“

Westliche Medien verbinden mit Afrika scheinbar hauptsächlich HIV und die Frage der Kondome. Die Frage ist auch bei einer Pressekonferenz mit Kardinal Peter Turkson, Generalrelator bei der Synode, aufgetaucht, und der Kardinal hat angedeutet, dass es im Fall von verheirateten Paaren, bei denen ein Partner mit HIV infiziert ist, einzelne Stimmen in der Kirche gebe, die das Kondom erlauben würden.

Meinen Sie, das kann eines Tages die allgemeine gültige Position der katholischen Kirche werden?
„Das ist schwer zu sagen. Ich denke, dass wir letzten Endes dabei stecken bleiben, dass persönliche Meinungen klar formuliert werden. Aber da wo die Politik gemacht wird, sind die Meinungen momentan anders und eher verhärtet. Das Thema ist, wenn ich den Bischöfen zuhöre, sehr präsent, aber auch auf eine Art, die sehr stark auch mit absoluten radikalen Positionen argumentiert“.

Statt Bischofssynode Pastoralkongress mit Laien

Anstatt einer Bischofssynode sollte ein „Pastoralkongress der universalen Kirche“ unter voller Einbeziehung der Laien - „vor allem der Frauen“ - einberufen werden. Das regt der 59-jährige Erzbischof Charles Palmer-Buckle von Accra (Ghana) in einem Interview mit dem „National Catholic Reporter“ (NCR) an.

Offenheit und Humor zeichnen den an der afrikanischen Bischoffsynode in Rom teilnehmenden Erzbischof aus, der einer der angesehenen Kirchenführer seines Kontinents ist. Er gilt auch als einer der Veteranen der internationalen Caritas.

Er bestätigt, dass die Synodenväter den von Kardinal Peter Turkson so bezeichneten „Schrei der Frauen“ gehört haben, und teilt auch Schwester Felicia Harrys Überzeugung, dass Frauen in der Kirche mehr wollen als kochen und putzen.

In Wahrheit sei der „Aufschrei der Frauen“ jedoch ein „genereller Aufschrei der Laien“.

Erzbischof Palmer-Buckle bedauert, dass die Frauen zwar 70 bis 75 Prozent der Kirche in Afrika bilden, in deren Führung jedoch eine „bedeutungslose Minderheit“ sind.

Während in den USA 25 Prozent der „Ordinariats-Kanzler“ bereits Frauen sind, ist ihm in Afrika keine einzige Frau in dieser Position bekannt.

Einbindung von Frauen

In den Diözesen sollten „Frauenkommissionen“ eingerichtet werden, wo es doch selbst in der Regierung von Ghana bereits ein „Frauenministerium“ gebe. In der kirchlichen Realität würden auch die Ordensfrauen nur zu Hilfsdiensten herangezogen.

Erzbischof Palmer-Buckle geht selbst mit gutem Beispiel voran: An einer jüngst zu Ende gegangenen Diözesansynode in Accra nahmen je zwei Delegierte aus jeder Pfarre teil: eine Frau und ein Mann. Bei einer weiteren Veranstaltung wurde noch ein Jugendlicher aus jeder Pfarre beigezogen.

Die Einbindung von Frauen müsse effektiv sein und dürfe nicht nur dekorativen Charakter haben. Daher müssten sie auch eine gute Ausbildung erhalten.
Seiner Erfahrung nach würden die meisten zur Fortbildung ins Ausland gesandten Ordensfrauen wieder in die Heimat zurückkehren – im Gegensatz zu so manchen Priestern.

Gefahren für Afrika

Gefahren für Afrika sieht der Erzbischof auf Grund des bestehenden Stammesdenkens in einer „Art von Balkanisierung“ selbst in der Kirche, aber auch im Aufzwingen westlicher Wertvorstellungen. Er lehnt die von „UNO, Weltbank und der EU“ transportierte „neue globale Ethik“ ab und bringt diesbezüglich auch vielen NGOs Misstrauen entgegen.

Die westliche Welt vertrete die Idee „I´m okay, you´re okay.“ Ironischerweise würde jedoch jeder, der das nicht okay findet, bekämpft, ja mit der Zerstörung bedroht.


© imprimatur Juni 2010
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