Anna-Verena Rüster
Aufruhr in Notre-Dame durch militante Lefebvrianer

Während einer Fastenpredigt in der Pariser Kathedrale Notre-Dame kam es zu derart heftigen Protesten, dass der kirchliche Ordnungsdienst eingreifen musste. Grund dafür war der Auftritt eines Rabbiners, der der Einladung des Erzbischofs von Paris, Andre Armand Kardinal Vingt-Trois, gefolgt war, um in der berühmten Kathedrale zu predigen. Doch kaum hatte er das Wort ergriffen, erhob sich im Kirchenschiff ein Mann und betete mit lauter Stimme einen Sühnerosenkranz. Andere stimmten mit ein und übertönten den Rabbiner. Die Erklärung eines der Störer für dieses Verhalten: „Christus ist für einen Rabbiner ein Schwindler, der nur behauptet habe, Sohn Gottes zu sein. Selbst der Tod am Kreuz werde infrage gestellt, die Auferstehung auf alle Fälle geleugnet.“ Mit ihrem Gebet bezweckten sie, „die Schmähung zu sühnen“. Am Ende verbarrikadierten sich der Erzbischof und sein jüdischer Gast Rivon Krygier in der Sakristei. Die Predigt konnten die Gläubigen dann über die Lautsprecheranlage hören.

Bei den Störern der Predigt handelte es sich um Lefebvrianer, wie die französische katholische Tageszeitung „La Croix“ berichtet. ..Diese traditionalistische Vereinigung lehnt wesentliche Reformen des Zweiten Vatikanischen Konzils (1962-1965) ab, darunter die Theologie und die praktischen Folgen von „Nostra aetate“, jener Erklärung, die das Judentum als von Gott gestiftete Religion gelten lässt. Damit vollzog die Kirche eine Abkehr von ihrem bisherigen antijüdisch untermauerten Wahrheitsanspruch. Die Bischöfe der Piusbruderschaft waren exkommuniziert, bis Papst Benedikt XVI. diese Kirchenstrafe im vergangenen Jahr aufhob.

Die Piusbruderschaft hatte den katholischen Bischöfen in Frankreich bereits zu Monatsanfang vorgeworfen, zu Botschaftern für andere Religionen zu werden. Dadurch werde die Entchristlichung Frankreichs vorangetrieben. Ein weiterer Vorwurf richtete sich gegen das Thema der diesjährigen Fastenvorträge in Notre-Dame, das Zweite Vatikanische Konzil. Nun bemühen sich jüdische Organisationen und das Erzbistum Paris um eine Einordnung des Vorfalls. Beide Seiten wiesen auf die große Zahl der gutwilligen Anwesenden in der Kathedrale hin. Bei den Aufrührern handele es sich um eine Randgruppe, die „keine Verbindung mit der katholischen Kirche“ habe, sagt der Sprecher des Erzbistums. „La Croix“ zitierte den Dachverband jüdischer Organisationen in Frankreich Crif: Man habe Vertrauen, dass die katholische Kirche den Dialog mit dem Judentum fortsetzen wolle. Rabbiner Krygier zeigte sich indes besorgt angesichts der Entschiedenheit, mit der die Lefebvrianer vorgegangen seien.

Da die Piusbrüder den Fastenvortrag schon im Vorfeld als Skandal bezeichnet hatten, gehen Beobachter davon aus, dass der Protest keineswegs aus spontaner Entrüstung geboren ist, sondern geplant war. Der Einfluss der Kirche sinkt stetig, insbesondere im laizistischen Frankreich, und der der Piusbrüder sowieso, spätestens seit der Holocaust-Leugnung ihres Mitbruders Bischof Williamson.

Aus: Rheinischer Merkur vom 25.03.2010


© imprimatur Juli 2010
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