Offener Brief an Erzbischof Zollitsch

Sehr geehrter Herr Erzbischof Zollitsch!

Der Auftritt des Kardinals Sondano an Ostersonntag war im Grunde nichts Neues in der Jahrtausende alten Geschichte der katholischen Kirche. Er war eine Demonstration der elitären Arroganz des katholischen Klerus und der geradezu brutalen Rücksichtslosigkeit der Amtskirche gegenüber denen, die sie „die Gläubigen“ nennt. Sodanos Ehrenerklärung machte die Egozentrik der klerikalen und kurialen Kreise mehr als deutlich. Leider aber wagte bislang niemand, außer einer Handvoll „Linker“ (wie Kirche von unten), gegen das unzeitgemäße Gebaren innerhalb der kirchlichen Strukturen und Hierarchien vorzugehen. Das permanente Vorhalten von auf Ewigkeit strafbaren Sündenschulden und Verfehlungen löste zu allen Zeiten eine große Angststarre unter den katholischen Christen aus.

Nun aber erfolgte durch die bekannt gewordenen Ereignisse in den Internaten ein Zerbröseln der klerikalen und kurialen Machtstrukturen. In diesem Zusammenbruch kirchlicher Autoritäten aber sollte eine große Chance liegen. Doch leider erträgt der Großteil der Führungselite der Amtskirche diesen Wandel nicht, wie der Auftritt eines devoten Angestellten des Papstes an Ostersonntag verdeutlicht. Sodanos Auftritt machte die Hoffnungen vieler auf Veränderung zunichte. Anstatt aufzuatmen, müssen wir Katholiken wieder die Luft anhalten, bis sie uns ganz wegbleibt.

Vage Hoffnung ruhen nur noch auf Führungskräften wie Ihnen, Herr Erzbischof. Daher will ich Sie bitten mitzuhelfen, dass der Mensch im Kirchenvolk, der sogenannte Gläubige, wieder Vertrauen gewinnen kann und die immer weiter ausufernde Meinung, die katholische Kirche stünde heute mehr denn je im Dunst der vorreformatorischen Zeit, gestoppt wird.

Sorgen Sie, Herr Erzbischof, für einen mutigen und energischen Protest am Hofe Benedikts XVI. Es ist höchste Zeit, in deutlichen (und nicht kirchenüblich verklausulierten) Worten zu sprechen und Klartext zu reden, aber auch Veränderungen herbeizuführen. Dabei geht es weniger um die Aufhebung des Zölibat, viel wichtiger ist es, wahrhaftig und ehrlich zu sein.

Deutschland ist gewiss nicht der Nabel der katholischen Christenheit, aber die Ereignisse in Deutschland muss der Vatikan sehr ernst nehmen. Es ist eine Katastrophe, sie als „Tages-Geschwätz“ abzutun. Denn diese Ereignisse beschränken sich nicht allein auf die USA, Irland und Deutschland. Auch in den übrigen Ländern der christlichen Welt wirken schwache Menschen im Kreis der kirchlichen Amtsträger. Über mögliche Vorkommnisse in den Missionen wollen wir erst gar nicht nachdenken.

Deshalb protestieren Sie beim Vatikan gegen die Worte Sodanos und helfen Sie mit, dass die Kirche ihre Verfehlungen nicht vertuscht, dass erlittenes Unrecht wieder gutgemacht wird und die Kirche sich auf den langen und bitteren Weg macht, glaubwürdiger zu werden. Es fällt immer schwerer, Personen aus Kirchenkreisen zu vertrauen. Da sind viele Zweifel aufgebrochen – nicht nur an der Amtskirche. Sagen Sie das bitte dem Papst.

Mit katholischen Grüßen
Gerd und Hildedard Meiser


© imprimatur Juli 2010
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