Erhard Bertel
„Ich will dir die Schlüssel des Himmelreiches geben“, Mt 16,19
Donum Vitae durfte Jubiläum nicht in der katholischen Kirche feiern.

Schlüsselgewalt zu haben beinhaltet, dass jemand beauftragt ist, mit diesem Schlüssel eine Tür zu öffnen, oder sie zu schließen. Vor allem fromme, klerikale Männer scheinen in diesem Privileg zu schwelgen. Dabei muss es nicht um das Himmelreich gehen, sondern es reicht bereits, einen Schlüssel für eine katholische Stadtkirche zu haben, um seine Macht zu zeigen.

10 Jahre gibt es jetzt die Beratungsstellen von „Donum Vitae“ im Saarland und anderswo. Gegen den Willen des damaligen Papstes und seines Würdenträgers Joseph Ratzinger in Rom haben sich Katholiken entschlossen- auch ohne den Segen der deutschen Bischöfe – Konfliktberatungsstellen in Deutschland anzubieten, die im Rahmen gesetzlicher Vorgaben Frauen (auch Männern) Mut machen wollen, bei einem persönlichen Konflikt Ja zu ihrem Kind zu sagen. Am Ende eines solchen Beratungsgesprächs erhalten die Beratenen eine Bestätigung, dass sie eine Beratungsstelle aufgesucht haben. In diesem Nachweis steht, dass „die Schwangerenkonfliktberatung ... dem Schutz des ungeborenen Lebens“ dient und dass Hilfen angeboten werden, die „die Lage von Mutter und Kind erleichtern.“ Dieser Nachweis wurde von kirchlichen Stellen teilweise als „Abtreibungsschein“ diffamiert. Und doch sind diese Beratungsstellen von Katholiken zu einem Markenzeichen für einen verantwortlichen Umgang mit Menschen in Konfliktsituationen geworden.

Die Vertreter(innen) der saarländischen Beratungsstellen hatten den Wunsch, ihr Jubiläum auch mit einem Gottesdienst zu begehen. Der in der Geschäftsführung tätige Pfarrer wurde gebeten, alles vorzubereiten.

Anruf bei dem zuständigen Leiter der katholischen Kirchengemeinde St. Johann in Saarbrücken, nahe der Beratungsstelle, ob man die Kirche für den Gottesdienst zur Verfügung stellen könne. Am Telefon blankes Entsetzen: Donum Vitae und Gottesdienst in einer katholischen Kirche? Da wollte der Pfarrverwalter doch lieber beim Generalvikar in Trier anfragen. Nach einigen Tagen kam ein mündliches Nein. Die Kirche dürfe nicht genutzt werden. Der zuständige Bischöfliche Generalvikar in Trier, Prälat Dr. Georg Holkenbrink, hatte wohl im Kopf, dass es so etwas wie eine „Schlüsselgewalt“ für Hierarchen gibt. Dass diese Gewalt nicht nur für das Himmelreich gilt, wie bei Matthäus, sondern auch für die Basilika St. Johann in Saarbrücken, war für ihn wohl nahe liegend.

In einem Brief an Bischof Dr. Stephan Ackermann hieß es dann:

Donum Vitae im Saarland begeht in einem Festakt sein 10jähriges Bestehen. Ich selbst bin in der Geschäftsführung tätig, und so haben mich die katholischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und der Vorstand gebeten, einen Gottesdienst mit ihnen zu feiern. Ich habe den derzeitigen Pfarrverwalter von katholisch St. Johann angefragt, ob die Basilika als die Kirche, die der Beratungsstelle am nächsten liegt, für uns zur Verfügung stehe. Der hat sich gleich an den Generalvikar gewandt und nach einigen Tagen bekam ich telefonisch Bescheid, die Kirche werde uns nicht zur Verfügung gestellt. Da wollen Katholiken, die eine verantwortliche Beratungsarbeit für das Leben tun, zusammen beten, und die Kirche verschließt ihnen den nahe liegenden Kirchenraum. Stehen Sie hinter dieser Entscheidung? Das würde mich doch sehr interessieren. Sie können sich denken, wie die Stadtöffentlichkeit auf eine solche Entscheidung reagieren wird.

Übrigens feiern in der Basilika Schützenvereine, Bäckerinnungen und alle möglichen Leute, ohne direkten Bezug zur katholischen Kirche, Gottesdienste.

Auf dieses Anliegen kam keine Antwort des Bischofs. Ein zweiter Brief mit dieser Rückfrage ist auch bis jetzt nicht beantwortet.

Die benachbarte evangelische Kirche St. Johann stellte dann auf Anfrage ihre Kirche zur Verfügung, und dort feierte Donum Vitae dann die katholische Hl. Messe. Einige Teilnehmer(innen) werden jetzt eher zögerlich um die „Einheit der Kirche“ beten. Die missbrauchte Schlüsselgewalt in der römisch katholischen Kirche hat bewirkt, dass die evangelische Kirche doch als einladender erscheint, und damit hat sie auch gegenüber Katholiken ihre Existenzberechtigung unterstrichen. Übrigens wird auch aus Paderborn die Verweigerung einer katholischen Kirche für Donum Vitae berichtet. Deren Problem löste eine beherzte Oberin mit ihrer Hauskapelle im Kloster.

In der Saarbrücker Zeitung wird die saarländische Vorsitzende beim offiziellen Empfang von Donum Vitae“ zitiert, dass sie manchmal zornig sei. „Schließlich sind wir in die Lücke gesprungen, die die Kirche uns hinterlassen hat“. Und die anwesende Familienministerin (CDU) wird in ihrer Ansprache zitiert: „Auch als überzeugter Katholik ist man manchmal geneigt, an der (katholischen) Kirche zu zweifeln“. Den Beratungsstellen wurde von ihr eine gute Qualität ihrer Beratung bescheinigt.
Donum Vitae wird zu 80 % vom Land gefördert. Die verbleibende Summe im Saarland, rund 30.000 €, werden von Mitgliedern und Spendern aufgebracht. Erwähnt wurde auch, dass kein Euro aus Kirchensteuermitteln für die Arbeit von Donum Vitae zur Verfügung gestellt wird. Alle Vorstandsmitglieder, Beraterinnen und Vereinsmitglieder zahlen aber katholische Kirchensteuer.


© imprimatur Oktober 2010
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