Erhard Bertel
„Stückwerk ist unser Erkennen“

Diese Weisheit vermittelt uns der 1. Korintherbrief im Kapitel 13. Die jüngere Geschichte der katholischen Kirche erweitert diese Erkenntnis um das Dogma der „Unfehlbarkeit“ für die Person des Papstes, in bestimmten Feldern des Strebens nach Erkenntnis und behindert damit einen freien Diskurs bis in praktische Lebensbereiche der Kirche.

Denn im Augenblick sieht es so aus, dass sich die Kirchenoberen das Erkennen vorbehalten und es ernsthaften Mitchristen schwer machen, an diesem Bestreben um Erkenntnis teilzuhaben. Es ist kein Geheimnis, dass die jeweils zuständigen Bischöfe bei Ernennungen von Theologieprofessoren genau darauf achten, was die Kandidaten/innen zu bestimmten Punkten des kirchlichen Lebens öffentlich geäußert haben. Ihre Position zur Frage des Zölibates, zur Priesterweihe von Frauen, zu Fragen der Sexualität, zum leeren Grab oder der Auferstehung Jesu steht dabei im Mittelpunkt.

Bischöfe wie Meisner in Köln oder Müller in Regensburg, dazu die letzt ernannten Nachwuchsbischöfe in Essen oder Limburg scheinen im Besitz der Wahrheit und niemand, der nicht ihre Position öffentlich vertritt, hat eine Chance, eine berufliche Stellung zu erreichen oder diese auszuführen.

Das jüngste Beispiel ist der erzwungene Rücktritt des geistlichen Direktors des „Institut zur Förderung des journalistischen Nachwuchses“, Michael Broch.

In einem Interview mit der „Leonberger Kreiszeitung“ spricht er von einer Kirche, die nicht von „ein paar zölibatären Männern beherrscht werden“ dürfe. „Wer sind wir denn, mit einer völlig antiquierten Sexualmoral? Das Gefährliche an der katholischen Kirche ist das geschlossene System, die Männerwirtschaft. Das Priesteramt ist häufig für junge Neoklerikale interessant, die schon im Studium gerne mit dem römischen Kragen rumrennen würden.“ Er kommt zu dem Schluss, dass Papst Benedikt die Kirche so an die Wand fahre.

(siehe dazu den Artikel „Belangloses Geschwätz“ in dieser Ausgabe!)

Der zurückgetreten gewordene Pfarrer pocht zwar auf seine Loyalität zur Kirche, die wird ihm aber von Leuten wie Meisner nicht abgenommen.

Michael Broch erhält vom Gründer des Instituts Unterstützung, vom 82-jährigen Jesuitenpater Wolfgang Seibel. Er sagt zu diesem Vorgang: „Die Haltung der Bischofskonferenz ist eng, kleinkariert und wenig tolerant geworden. Er spricht von „einem Klima, das offene Kritik und eigenständige Meinungen nicht mehr erträgt“. Er spricht dann die Verantwortlichen für den Rausschmiss Brochs an: „Leute, die auf dem reaktionären rechten Flügel der Kirche stehen“. Und weiter: „Ich halte den Papstkult, der heute in der katholischen Kirche betrieben wird, für eines der Grundübel der katholischen Kirche“.

Ernsthafte Christen, wie z.B. der SWR-Hörfunkdirektor Bernhard Hermann und Hermann Glandorf, Vorsitzender bzw. stellvertretender Vorsitzender des ifp, lassen sich solch ein bischöfliches Gebaren nicht mehr gefallen und sind ebenfalls zurückgetreten. Hermann wörtlich: „Wenn Bischöfe sich in ihrer Mehrheit als Repräsentanten eines gnadenlosen Systems gerieren, will ich mit denen als katholischer Christ nichts mehr zu tun haben“.

Es wird öffentlich gehandelt, dass vor allem Meisner gegenüber seinen Bischofskollegen nicht geruht hat, bis diese der Entlassung von Broch nicht mehr widersprochen haben.

Auf diesem Hintergrund kommt die Stellungnahme der Bischofskonferenz als Farce daher:

Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Dr. Robert Zollitsch, würdigte in einem Schreiben an Pfarrer Broch dessen langjährige Verdienste in der kirchlichen Medienarbeit und bedauerte, dass sein Wirken im Bereich der kirchlichen Förderung des journalistischen Nachwuchses kurz nach Beginn bereits zum Erliegen kommt. Zugleich wünschte er Pfarrer Broch für seine auch weiterhin wichtige Medienarbeit viel Erfolg.

Ob man den Verantwortlichen für diesen Vorgang und Vieles, worüber wir in dieser Ausgabe berichten, den Psalm 15 als Gewissenserforschung empfehlen sollte:

Wer darf weilen in deinem Zelte, Herr? Wer darf wohnen auf deinem heiligen Berg?
Der in Schlichtheit wandelt und ohne Fehl ist, der Rechtes tut und die Wahrheit spricht von Herzen.


© imprimatur Oktober 2010
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