Erhard Bertel
Die Kirche und ihre Jugendlichen
„Shellstudie 2010“ sollte nachdenklich machen.

In einem der letzten Sonntagsgottesdienste hieß es beim Verkünden des Evangeliums (Lukas 18,8): „Wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden?“

Diese Frage, vor 2000 Jahren in der Lukasgemeinde gestellt, klingt heute aktueller denn je. Die neue „Shellstudie 2010“ hat Jugendliche in unserem Land nach ihren Lebenswirklichkeiten befragt und sie kommt u. a. zu dem Ergebnis:

„Die Bedeutung von Religion für Jugendliche schwindet weiter. Diese schon länger anhaltende Tendenz wurde diesmal vor allem bei den jungen Katholiken deutlich.

Laut Studie hält inzwischen weniger als die Hälfte den Glauben an Gott noch für wichtig. Lediglich 44 % der Katholiken zwischen zwölf und 25 Jahren messen ihm noch eine große Bedeutung zu (2006 waren es 46 Prozent). Eine noch geringere Rolle spielt die traditionelle Religiosität bei jungen Protestanten: Von ihnen halten nur noch 39 Prozent den Gottesglauben für wichtig.“

Der Shell-Studie zufolge können 2010 nur noch 54 Prozent der katholischen Jugendlichen als religiös bezeichnet werden. 2006 waren es noch 63 Prozent.

Befragt wurden mehr als 2.500 Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren. Aus dieser Altersgruppe waren an diesem Sonntag nur wenige im Gottesdienst anwesend, um sich durch die Frage nachdenklich machen zu lassen: „Wird der Menschensohn, wenn er kommt, auf der Erde noch Glauben vorfinden“?

Wie reagieren die Verantwortlichen der katholischen Kirche in Deutschland auf die Ergebnisse der Shellstudie? Erschrecken sie im Hinblick auf das Zahlenergebnis? Vermehren sie ihre Anstrengungen, um Jugendliche zu erreichen? Nehmen Sie Geld aus Kirchensteuermitteln in die Hand, um bessere Angebote für Jugendliche anzubieten?

Das Bistum Trier geht da einen eigenen Weg. Mit der Begründung des nachlassenden Geldsegens aus Kirchensteuermitteln wird angekündigt, dass Jugendtreffs geschlossen werden. Finanzmittel für die Jugendarbeit werden reduziert.

Unter anderem wird die Schließung des Saarbrücker “Café Exodus” zum 31.12.’10 bekannt gegeben. Nach eigener Darstellung heißt es von diesem Treffpunkt in der Innenstadt von Saarbrücken:

„Das Café Exodus ist einer der wichtigsten Dreh- und Angelpunkte der Jugendarbeit im gesamten Regionalverband Saarbrücken. Täglich gehen zahlreiche Jugendliche dort ein und aus, finden Kontakt und qualifizierte Ansprechpartner.

Die Hauptamtlichen leisten nicht nur eine leitende Funktion, sondern sind auch Ansprechpartner für die Jugendlichen bei all ihren Problemen, Sorgen oder Ängsten. Durch die enge Zusammenarbeit und das große Engagement können die Jugendlichen schnell eine große Vertrauensbasis aufbauen, die sehr essentiell für gut funktionierende Jugendarbeit ist. Gerade für die momentane Situation der katholischen Kirche sollte dies doch ein wichtiger Aspekt sein, der auch im Rahmen von notwendigen Einsparmaßnahmen nicht unter den Tisch fallen sollte. Die fortschrittliche Arbeit des Café Exodus, das sich allen Menschen, gleich Herkunft und Glauben öffnet, um mit ihnen wichtige Werte für eine offene Gesellschaft zu tragen, muss im Interesse der katholischen Kirche liegen.

Des weiteren führt das Café Exodus in Kooperation mit anderen Jugendeinrichtungen jährlich viele erfolgreiche Aktionen und Projekte durch, wie beispielsweise die “Rockwiese” oder die “Internationalen Wochen gegen Rassismus”. Die Schließung dieses vorbildlich arbeitenden Jugendcafés wäre ein herber Verlust für die Jugendarbeit im Saarland”.

Die Bistumsleitung scheint der Auffassung zu sein, dass in den freien Jugendeinrichtungen die Fragen nach Gott und dem Glauben im herkömmlichen Sinn nicht genügend im Vordergrund stehen. Sie übersehen allerdings, dass beim Treffen von Jugendlichen im kirchlichen Rahmen Fairness, Toleranz und andere christliche Werte eingeübt werden können. Neben dem Religionsunterricht und der Unterweisung im Glauben in den Kirchengemeinden ist das Zusammenführen von Jugendlichen die Chance, diese Werte, die aus dem Glauben kommen, zu bedenken und einzuüben. Wo sonst soll das in unserer Gesellschaft so geschehen?

Die Finanzverwalter des Bistums erhalten mit ihren Sparbeschlüssen eine große Machtfülle, sie können aus der Sicht des Geldes die Schwerpunkte der kirchlichen Arbeit bestimmen.

Die Jugendlichen in Saarbrücken, die von der Schließung betroffen sein werden, haben nach Möglichkeiten gesucht, selbst zur Finanzierung beizutragen. U. a. gibt es jetzt einen Förderverein, der einen Exitus des Exodus verhindern soll.

In einem Interview mit der „Saarbrücker Zeitung“ am 9./10.10.2010 wird der Trierer Bischof Dr. Ackermann gefragt: „Wie sieht es um die geplante Schließung des Jugendtreffs Café Exodus und der Katholischen Hochschulgemeinde in Saarbrücken aus?“ Antwort: „Das Sparprogramm wird Ende Oktober vorgestellt. Bis dahin bleibt noch etwas Spannung“.

Übrigens hat die Shellstudie auch als Ergebnis:

Der Trend bei Jugendlichen, die nicht einer der Kirchen angehören und häufig einen Migrationshintergrund haben, ist gegenläufig. Nach der Studie stieg bei ihnen die Zahl derer, die den Glauben an Gott für wichtig halten, von 71 Prozent (2006) auf 76 Prozent in diesem Jahr. Bei den Jugendlichen mit Migrationshintergrund glauben 44 Prozent an einen persönlichen Gott und 22 % an eine „überirdische Macht“. Der ohnehin schon starke Bezug junger Migranten zur Religion hat damit zugenommen.
Steht auch die Personalpolitik des Bistums Trier in diesem Zusammenhang? Es gab seit einiger Zeit einen eigenen Jugendpfarrer für die Region Saarbrücken. Kurz nach Ankündigung der Sparmaßnahmen in der Jugendarbeit ließ das Bistum wissen, dass dieser Jugendpfarrer jetzt auch abgezogen wird. Er übernimmt das bedeutende Amt eines Subregens im Priesterseminar in Trier. Welche Erwartungen mögen damit von der Bistumsverwaltung im Blick sein?


© imprimatur Dezember 2010
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