Norbert Scholl
Papst Benedikt und die Neuevangelisierung
Ein neues „Motu Proprio“

Am 21. September 2010 unterzeichnete Papst Benedikt XVI. ein in lateinischer Sprache abgefasstes Motu Proprio „Ubicumque et semper“, das am 12. Oktober veröffentlicht wurde. Ein Motu Proprio ist ein „(aus) eigenem Beweggrund“, also „selbst veranlasstes“ Schreiben des Papstes, das ohne ein förmliches Ansuchen anderer ergangen ist. Benedikt beschreibt die Aufgaben des neuen „Päpstlichen Rates zur Förderung der Neuevangelisierung“. Eine Neuevangelisierung erscheine notwendig, weil „eines der besonderen Merkmale unsere Zeit die Abkehr vom Glauben“ (römisch-katholischer Prägung) sei. Dadurch entstehe eine „innere Wüste", in der sich der Mensch des „Fundamentes aller Dinge beraubt“ sehe. Aufschlussreich ist, was Benedikt nun als Therapie für diesen Zustand festlegt und bestimmt: Vertiefung des theologischen und pastoralen Sinns einer neuen Evangelisierung; Studium, Verbreitung und Anwendung des päpstlichen Lehramtes; Anwendung neuerer Formen sozialer Kommunikationsmittel; Gebrauch des „Katechismus der Katholischen Kirche“. Der Papst beschließt sein Motu Proprio: „Wir wollen, dass Unsere durch dieses Motu Proprio gegebenen Bestimmungen jetzt und in Zukunft gültig und wirksam sein werden.“

An diesem Schreiben erscheint einiges auffällig, was die gesamte Denkweise des Papstes und der von ihm eingeschlagenen restaurativen Ausrichtung der römisch-katholischen Kirche kennzeichnet:

Das Motu Proprio ist der hilflose Versuch eines Papstes, der den Anschluss an die kulturelle Situation, an gegenwärtiges Denken und Handeln verloren zu haben scheint und der sich krampfhaft und ängstlich darum bemüht, die längst dahingeschiedene, vermeintlich „gute alte Zeit“ wieder zu neuem Leben zu erwecken. Jetzt werden sich die hoch betagten Mitglieder des neuen Rates daran setzen, um auf viel geduldigem Papier „Ausführungsbestimmungen“ für die Umsetzung der päpstlichen Vorgaben zu verfassen. Es bedarf keiner hellseherischen Begabung, dass diesem Unternehmen nicht der geringste Erfolg beschieden sein wird.


© imprimatur Januar 2011
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