Bensheim (epd). Das Ökumene-Institut der evangelischen Kirche hat auf bleibende Unterschiede zwischen Protestanten und Vatikan in ethischen Fragen hingewiesen.
Die evangelische Kirche erhebe nicht den Anspruch, »alle Fragen des Lebens lehramtlich klären zu können«, heißt es in einer am Montag vorgelegten Stellungnahme des Konfessionskundlichen Instituts im hessischen Bensheim zum neuen päpstlichen Missionsrat. Beispiel sei die katholische Sexualmoral oder Fragen nach Beginn und Ende des menschlichen Lebens. Die katholische Weltkirche hatte am 12. Oktober auf die wachsende Säkularisierung in der westlichen Welt mit der Einsetzung eines neuen Missionsrats reagiert. In dem Apostolischen Schreiben »Ubicumque et semper« (überall und immer) zur Gründung des Päpstlichen Rats für die Neuevangelisierung beklagte Papst Benedikt XVI. wachsende Distanz vom Glauben und eine »innere Wüste« in Westländern. Zwar könnten auch evangelische Christen die theologische Begründung Benedikts unterschreiben, dass die Verkündung des Evangeliums zum Wesen der Kirche gehöre. »Ob man allerdings in der Diagnose der Gesellschaft dem Papst in allem zustimmen möchte, bleibt eher offen«, hieß es. Dass die Gesellschaft den Sinn für das Heilige verloren habe soll, dürfte angesichts der vielfach zu beobachtenden religiösen Suchbewegungen des modernen Menschen eher fraglich sein. Schwerer wiege die Tatsache, dass für den Papst nicht nur im engen Sinn dogmatische Sachverhalte jeder Diskussion entzogen seien, sondern auch ethische Fragen, »die aus evangelischer Sicht sehr wohl umstritten und nicht autoritativ zu klären sind«, fügen die Konfessionskundler hinzu. So sei nicht mit ungeteilter Zustimmung zu rechnen, wenn Fragen nach Beginn und Ende des menschlichen Lebens oder die Prämisse eines vorgegebenen Naturgesetzes als außer Frage stehende Fundamente des christlichen Glaubens gelten sollen: »An diesem Punkt scheiden sich die Geister.«
Die Herausforderung durch die »Entchristlichung« ganzer Landschaften sei allen christlichen Kirchen gemeinsam. Die Fundamente des christlichen Glaubens würden jedoch auf evangelischer Seite anders bestimmt, »als die protestantische Tradition nicht in allen ethischen Fragen Einmütigkeit verlangt, sondern nur in Grundfragen des Glaubens, mit denen die Kirche steht und fällt«. Insgesamt müsse eine evangelische Stellungnahme zur Gründung des neuen päpstlichen Missionsrates »differenziert ausfallen«, erklärte das Ökumene-Institut weiter: »Auch wenn manche Beurteilungen Benedikts XVI. aus Sicht der protestantischen Theologie nicht übernommen und die Gesellschaftsdiagnose nicht völlig geteilt werden kann, dürfte doch die Notwendigkeit gerade auch in Deutschland deutlich wahrzunehmen sein, dass Kirche sich im öffentlichen Diskurs stärker zur Geltung bringen muss.«
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