Mit Schreiben vom 31.01.2011 hat der Generalvikar des Bistums Trier, Prälat Dr, Georg Holkenbrink einen Brief an die Priester des Bistums Trier geschickt und angeordnet, dass diese ein „Erweitertes Führungszeugnis nach § 30a BZRG (Bundeszentralregistergesetz)“ an das Bistum schicken.
„Lieber Mitbruder,
das Bekanntwerden von Fällen sexueller Gewalt in kirchlichen Einrichtungen hat unsere Kirche in Deutschland, wie zuvor in anderen Ländern (u.a. USA und Irland), erschüttert. Die Auseinandersetzung um Hintergründe und Prävention sexueller Gewalt hat nun zu wichtigen und konkreten Handlungsschritten geführt. Diese sind vom gemeinsamen Willen der Bischöfe und der Fachleute getragen, neue Standards dafür zu setzen, dass Kinder und Jugendliche in kirchlichen Einrichtungen einen sicheren Raum des Aufwachsens und der Selbstwerdung finden. Auch für Priester im aktiven Dienst und im Ruhestand, so sie noch Aushilfen übernehmen, sollen diese Standards Handlungssicherheit für den Dienst mit Kindern und Jugendlichen geben, denn unser Handeln steht zurzeit unter besonders aufmerksamer Beobachtung einer kritischen Gesellschaft. Ein Meilenstein ist die neue Rahmenordnung zur Prävention von sexuellem Missbrauch an Minderjährigen im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz vom 23.09.2010 {KA 2010 Nr. 191). Sowohl aus der Rahmenordnung als auch gemäß den Leitlinien der Deutschen Bischofkonferenz für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger vom 23. August 2010 (KA2010 Nr. 167) ergibt sich die Verpflichtung, ein sog. erweitertes Führungszeugnis im Sinne des § 30a Bundeszentralregistergesetz (-BZRG-, vgl. Anlage) von allen Personen, die Umgang mit Kindern und Jugendlichen haben, einzufordern. In den Einrichtungen, die ais Einrichtungen und Dienste der Jugendhilfe staatlich bezuschusst werden, war dies bereits durch die Regelungen der §§ 8a und 72a SGB VIII gefordert. Mittlerweile hat die Bistums-KODA für alle unter den Geltungsbereich der KAVO fallenden Beschäftigungsverhältnisse in § 5 Absatz 8 KAVO eine weitere arbeitsrechtliche Grundlage für das regelmäßige Anfordern von erweiterten Führungszeugnissen beschlossen (vgl. KA 2011 Nr. 3).
Mit dem erweiterten Führungszeugnis wird bestätigt, dass keinerlei Eintragungen im Bereich von Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung vorliegen. Dieser Vorgang dient der Glaubwürdigkeit der Kirche, aber auch der Qualitätssicherung des pastoralen Dienstes und der Transparenz gegenüber den kommunalen Jugendämtern, den Eltern der Kinder und Jugendlichen sowie der gesamten Öffentlichkeit, die von der Kirche ein transparentes und überprüfbares Vorgehen einfordert. Mit der Erfüllung Ihrer Verpflichtung zur Übergabe des erweiterten Führungszeugnisses tragen Sie dazu bei, dass Vertrauen zurück gewonnen wird und Sie selbst sich auf einen klaren Standard berufen können. Das erweiterte Führungszeugnis wird nach dem neuen § 30a BZRG erteilt und verweist ggf. auf kinder- und jugendschutzrelevante Verurteilungen wegen Straftaten nach den §§ 171, 180a, 181a, 183 bis 184f, 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 StGB. Andere Verurteilungen sind hingegen nicht aufgeführt.“
Dieses Schreiben ist von einem großen Teil der Priester mit Verärgerung aufgenommen worden. Besonders auch die Priester im Ruhestand, die ihren überlasteten Kollegen mit Sonntagsgottesdiensten aushelfen, sehen sich unter Generalverdacht gestellt.
Ein betroffener Priester, Karlhubert Wickert, Studiendirektor a.D, Pfarrer, schreibt an imprimatur:
„Welche Panik und welche Verwirrung muss den Verwaltungschef der Diözese Trier ergriffen haben, bevor er mit einem an alle Priester gerichteten Schreiben diese unter Generalverdacht gestellt hat? Der Prälat fordert – auch über 70, ja sogar über 80 Jahre alte – „Mitbrüder“ auf, sich binnen eines halben Jahres zur kommunalen Meldebehörde zu begeben und dort ein „erweitertes Führungszeugnis“ zu erbitten zum Nachweis der Unbescholtenheit in Fragen des sexuellen Umgangs mit Minderjährigen.
Der praktische Wert dieser Maßnahme ist zwar gleich Null, aber sie vertieft ins Bodenlose den Abstand zwischen Bistumsverwaltung und den Priestern, die ein Leben lang ihre Energie eingesetzt haben, die Botschaft Jesu auch zu unseren Zeitgenossen zu tragen. Die Empörung über diesen Brief schlägt nach einigen Stunden in die makabre Erkenntnis um: einen solchen Generalvikar kann man nicht mehr ernst nehmen! Was sagt der Bischof dazu? Was der Priesterrat?“
Unser Redaktionsmitglied Erhard Bertel hat zusammen mit 13 weiteren Priesterkollegen am 18.02.2011 folgenden Brief an den Bischof von Trier, Dr. Stephan Ackermann, geschrieben:
Sehr geehrter Herr Bischof,
mit Schreiben vom 31.1.2O11 an „alle Priester (im Bistum Trier) im aktiven
Dienst und im Ruhestand, so sie noch Aushilfen übernehmen“ hat Ihr
Generalvikar die Adressaten aufgefordert, binnen 6 Monaten ein erweitertes Führungszeugnis
nach § 30 a BZRG vorzulegen. Zur Begründung führt er u.a. aus,
dass mit unserem Handeln die Bemühungen um umgehende Transparenz und Prävention
in den behandelten Fragen unterstützen würden. Damit soll verlorenes
Vertrauen zurück gewonnen werden. Diese neue Regelung diene nicht zuletzt
unserem Schutz und dem Ansehen kirchlicher Einrichtungen in der Öffentlichkeit.
Diese völlig undifferenzierte Vorgehensweise unter Einbeziehung aller Priester, die über Jahrzehnte ihren Dienst getan haben, empfinden wir als entwürdigend und als groben Verstoß gegen Ihre uns gegenüber geschuldete Fürsorgepflicht.
Wir halten es für unzulässig, uns, wie wir es empfinden, mit einem Generalverdacht zu überziehen, für den es auch auf der Grundlage eines etwaigen Beschlusses der Bischofskonferenz keine rechtliche Grundlage gibt.
Bekanntlich werden erweiterte Führungszeugnisse zu Recht in Fällen der Einstellung von solchen Personen gefordert, die in ihrer künftigen Tätigkeit mit der hier interessierenden Klientel in Berührung kommen. Inwieweit dieser Gesichtspunkt den von uns angesprochenen Adressatenkreis des o.e. Schreibens betreffen soll, ist nicht ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, welche neuen Erkenntnisse Ihr Generalvikar mit Hilfe seiner Aktion gewinnen will.
Im Bundeszentralregister werden, von hier nicht interessierenden Fällen abgesehen, nur strafgerichtliche Verurteilungen vermerkt. Fälle gerichtlicher Bestrafung werden in der heutigen Zeit, was den hier angesprochenen Komplex betrifft, so allgemein bekannt, dass auch ein Generalvikar davon erfahren müsste. Aus den angeforderten Führungszeugnissen ergeben sich dagegen keine Hinweise auf solche Personen, die, nachdem sie sich strafbar gemacht haben und vom Bistum aus dem Verkehr gezogen und gerade nicht angezeigt worden sind, ansonsten unbehelligt geblieben sind.
Das Gleiche gilt für diejenigen, deren Taten inzwischen verjährt sind und aus diesem Grunde nicht einmal Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens sein können, geschweige denn einer strafrechtlichen Verurteilung zugeführt werden dürfen, sowie für jene, deren Taten mangels Anzeige im Dunkeln bleiben.
Aus den angegebenen Gründen hilft die verlangte Vorlage eines erweiterten Führungszeugnisses in unserem Personenkreis bei der angestrebten Problemlösung nicht weiter.
Wir bitten Sie daher, Ihren Generalvikar anzuweisen, seine flächendeckende Aktion umgehend abzubrechen und uns entsprechend zu informieren.
Mit freundlichem Gruß,
gez. Erhard Bertel und 13 weitere Unterschriften.
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