Karl-Heinz Ohlig
Unabhängigkeit der Wissenschaft?
Gaddafi „unterstützt“ englische Hochschule

Es ist mittlerweile auffallend, dass viele islamwissenschaftliche (und auch andere) Universitätsprofessoren Stellungnahmen abgeben, die allen historischen Erkenntnissen und philologischen Untersuchungen – also ihren eigenen akademischen Kriterien – widersprechen. Damit bestärken sie die traditionellen Vorstellungen und Mythen islamischer Religionsgelehrter und verhindern das Bemühen um Aufklärung.

Hierfür mag es viele Gründe geben. Eine recht wirksame, allerdings nur selten empirisch nachweisbare Ursache sind nach Ibn Warraq, New York, die großzügigen finanziellen Zuwendungen islamischer Potentaten an notorisch klamme Universitäten. In dem vor Weihnachten erschienenen Sammelband „Die Entstehung einer Weltreligion I“[1] veröffentlichte er den Beitrag „Die Anwendung historischer Methoden und die Forderung nach Wohlwollen gegenüber dem Islam“[2] . Dort heißt es: „Ein zweiter Faktor, der zu der apologetischen Haltung von Islamwissenschaftlern führt, ist saudisches Geld, das westlichen Universitäten zugeführt wird. Im Dezember 2005 gab Prinz Al-Waleed bin Talal bin Abdul Aziz Al Saud, der Enkel von Abdul Aziz Al-Saud, dem Gründer des saudischen Königreiches, den Universitäten Georgetown und Harvard jeweils 20 Millionen Dollar. Antony Glees hat dargelegt, dass acht britische Universitäten einschließlich Oxford und Cambridge insgesamt 233,5 Millionen britische Pfund von Saudi-Arabien erhalten haben“ (S. 421).

Darüber hinaus wird England zur Zeit von einem weiteren Skandal erschüttert: An der weltberühmten London School of Economics wurde der Sohn Gaddafis, Saif al-Islam Gaddafi, der während des jetzigen Aufstandes in Libyen durch seine Hetzreden im Regierungsfernsehen einem größeren Publikum bekannt wurde, im Fach „Governance“ (Regierungsführung) promoviert. „Angeblich hat Saif Gaddafi seine Dissertation im Copy-and-Paste-Verfahren erstellt, also ohne Quellenangaben abgekupfert. Sogar von einem Ghostwriter ist die Rede“.[3]

Aber das ist noch nicht einmal das Schlimmste. Der Vater Gaddafi spendete über eine seiner Stiftungen der Hochschule 1,5 Millionen Pfund (1,8 Millionen Euro). Als das bekannt wurde, trat ihr Direktor Davies zurück. „Zu heftig war der Wirbel in britischen Medien, zu massiv die Proteste von Studenten“[4]. Geld soll auch für zahlreiche weitere Studenten aus dem Clan und Stamm Gaddafis, die ebenfalls an der Londoner Hochschule Diplome erwarben, geflossen sein.

Zwar hat dieser letzte Fall nicht unmittelbar mit der Außensteuerung der Islamwissenschaft zu tun. Aber er kann einmal mehr zeigen, dass große Geldsummen nicht unwirksam bleiben. So kann man für das Renommé weiterer englischer und amerikanischer Universtitäten nur hoffen, dass weiteres saudisches, libysches (und sonstiges?) Geld nicht über den Bankweg geflossen ist. Persönlich überreichte Umschläge tun es auch – und sind sehr schwer nachweisbar.

Gibt es einen Grund anzunehmen, dass sich die islamische Förderung der westlichen Wissenschaft auf anglophone Länder beschränkt? In jedem Fall aber ist diese Vorgehensweise – bis hin zur Finanzierung von Stiftungslehrstühlen – eine Bedrohung für die Freiheit der Wissenschaft.


© imprimatur Juni 2011
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[1]Markus Groß / Karl-Heinz Ohlig (Hg.), Weltreligion I. Von der koranischen Bewegung zum Frühislam, Berlin 2010.
[2]Ebd. S. 382-422.
[3]http//www.tagesschau.de/ausland/lse/100.html.
[4]Ebd.