Erlösung für die armen Protestanten! Obwohl der ausgerechnet in der Kanevals-Hochburg Düsseldorf residierende rheinische Präses und Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Nikolaus Schneider, nach eigenen Angaben eine ‚innere Distanz’ zum Karneval hat, erteilte er ihnen im Magazin „Chrismon“ die Pauschal – Absolution: Es gebe kein „elftes Gebot“, das da laute „Du sollst nicht Karneval feiern“, und deshalb müssten sie auch kein schlechtes Gewissen haben, wenn sie dabei mitmachen und sich verkleiden. Sicher unbewusst fördert der Präses mit dieser Humor-Freigabe die „Mischehen“, hat doch eine Umfrage der Zeitschrift „Laura“ (10/2011) ergeben: „Jeder vierte Mann in Deutschland findet Humor wichtiger als Sex. Und jeder Zweite hat sich in seine Partnerin verliebt, weil beide gemeinsam über die gleichen Dinge lachen können.“
Die Katholiken scheinen im ökumenischen Frohbotschafts-Wettstreit nicht nur in der jüngsten Karnevals- / Faschings- / Fastnachts – Session seit dem 11.11., 11,11 Uhr die Favoriten zu sein. „Kirche macht Spaß“ hieß es z. B. in der ostdeutschen Kirchenzeitung „Tag des Herrn“. Und kath.net (22.1.) pries in einer Besprechung ein „Humorvolles Buch für die Erstkommunion“ an. Die Katholische Nachrichten-Agentur machte am 2.3. dankenswerterweise auf die weltumspannende katholische Freude aufmerksam: “Pünktlich zum am Wochenende beginnenden Karneval hat die weltberühmte Christus-Statue in Rio de Janeiro eine neue Beleuchtung erhalten. Ein hochmodernes LED-Lichtsystem...“ Dem Papst-Interviewer Peter Seewald verdanken wir nicht nur das Buch „Licht der Welt“, sondern auch (aus einem Gespräch mit der „Welt“) den entscheidenden Hinweis: „Papst Benedikt XVI. hat einen sehr hintergründigen Humor, man kann gut mit ihm lachen. An dem öffentlichen Bild, er sei ein verknöcherter Typ, eine Art Bitterholz, ein Aktenfresser, ist nichts dran. Er ist eine Seele von Mensch. Ich habe erlebt, wie er im Auto laut ein Lied aus dem Radio mitsang.“ Beim sonntäglichen Gruß und Segen für die auf dem Petersplatz versammelten Menschen gab B16 dann selbst am 27.2., dem Beginn des römischen Carnevale, ein Beispiel für diesen „hintergründigen“ Humor, als er erklärte, wie er sich einen gläubigen Christen vorstelle: „Mit beiden Beinen auf der Erde und das Herz im Himmel.“
Radio Vatikan hatte schon Anfang Februar den Kölner Kardinal Joachim Meisner gefragt, ob denn seiner Meinung nach der Papst als gebürtiger Bayer im Herzen auch ein Karnevalsjeck sei. Die Antwort: „Also das weiß ich nicht, ich habe ihn nicht gefragt, aber ich fürchte nein.“ Immerhin wusste Bild.de zu berichten: “Einmal im Jahr nascht Benedikt XVI. Krapfen.“ Dies sei sein eigenes Ritual für Rosenmontag. Und beim spektakulären Besuch des Kölner „Dreigestirns“ Prinz, Bauer und Jungfrau in Rom ließ er sich immerhin zu der Bemerkung hinreißen: „Ich finde es schön, dass der Kölner Karneval bis nach Rom reicht.“
Vielleicht meinte er ja auch „bis nach Rom reist“, hatte doch Kardinal Meisner die Bemühungen der Kölner Karnevalisten um diese Inszenierung bei der Generalaudienz unterstützt und war mit einer 18-köpfigen Delegation angereist. Sie überreichten Benedikt XVI. bei der Gelegenheit eine Narrenmütze, Blutwurst und Schwarzbrot. Prinz Frank I. – so hieß es im Domradio am 3.2.- versagte die Stimme, als er die Begegnung mit B16 als „ein unglaublich schönes Erlebnis“ beschrieb. Vorher hatte der Kardinal übrigens den Papst informiert, dass die „Jungfrau“ sieben Kinder hat... Im Exklusiv-Bericht der zwei eigens nach Rom entsandten Reporter vom Kölner Domradio hieß es u.a.: „Lach- und Freudenfalten hatte vor allem Kardinal Meisner vor der Audienz .... Doch einmal beim Papst zu sein, drückt offensichtlich auch ein bisschen auf die Blase. Prinz Frank hat die Toiletten in der Audienzhalle zuminderst sehr oft aufgesucht.“ – Ja, diese Tollitäten.
Nicht nur bei dieser Gelegenheit wurde immer wieder betont, wie sehr Kirche und Karneval zusammenpassen. Während Kardinal Meisner erklärte: “Die Kölner sagen ja, wir waren schon katholisch vor Christi Geburt“ und: “Es gibt keine leibfreundlichere Religion, die so dem Fleischlichen, dem Leiblichen zugeordnet ist, wie das Christentum, wie unsere Kirche“, meinte die Pressebeauftragte des Kölner Festkomitees: „Der Karneval und die Kirche gehören untrennbar zusammen, denn der Kölner Karneval fußt auf der Tradition der katholischen Kirche. Die Fastnacht ist eben der Abend vor der Fastenzeit, wo man noch mal auf den Putz haut.“
Auf den Putz hauen darf man aber auch in der katholischen Kirche nur beschränkt.
So gab es Protest gegen einen Karnevalisten, der in der Kölner Stunk-Sitzung als Bischof Mixa auftrat; der Sekretär der Bischofskonferenz protestierte gegen eine Papst-Satire im ZDF, und der Essener Bischof untersagte den Auftritt eines kirchenkritischen Kabaretts in einer Gemeinde. Man empörte sich über Papst- und Mönchs-Kostüme für die närrischen Tage. Faschings- oder Karnevals-Gottesdienste gab es überall im Lande, aber ebenso polemische Angriffe dagegen-. „Helauluja“ ging zu weit, Gott werde „auf den Arm genommen“, von „Gottesdienst-Schändung“ war die Rede. Der Pressesprecher des Bistums Chur meinte, es sei schlimm, im Fasching maskiert zur Messe zu gehen. In der Messe sei Christus real präsent: „Wie kann man da das Bedürfnis haben, sich fasnächtlich zu maskieren, sich zu verstecken? Stellen Sie sich vor, Jesus Christus wäre sichtbar. Da stelle ich mich doch nicht mit einer Maske vor ihn und verberge mein Gesicht.“
Da nützt es auch wenig, dass die Augsburger Theologin Katharina Ceming bei Vorträgen die Wichtigkeit von Humor und Lachen in der Religion unterstreicht und darauf hinweist, dass Humor ein geeignetes „Mittel gegen Bigotterie und falsches Haften an der Lehre“ sei (kathpress, 25.2.).
Oder dass der Freisinger Theologe Friedrich Bernack in einer Publikation des Katholischen Bibelwerks Jesus zwar nicht als „witzigen“, aber doch als „gewitzten“ Menschen bezeichnet und herausgefunden hat, dass das Wort „Lachen“ in der Einheitsübersetzung der Bibel 41 Mal vorkommt, in der Mehrzahl der Fälle allerdings als „spöttisches Lachen“ (katholisch.de, 28.2.)
Kalauer, Narretei und Büttenreden - mal scharf, selten lustig, - waren aus der Kirche auch außerhalb des offiziellen Karnevals-Programms immer wieder zu hören und zu lesen: „Christus ist auf der Berlinale willkommen“ zitierte KNA am 14.2. den Leiter dieses Filmfestivals. Kipa verkündete am 1.3.: „Vatikanische Museen: Gratisführungen für Blinde“. Und kath.net kommentierte am 16.2. die innerkirchliche Dialog-Diskussion: „Die heißen Eisen stehen noch im Raum.“ „Zenit – Die Welt von Rom aus gesehen“ beglückte uns am 24. Dezember mit einer „weihnachtlichen Meditation über das Kamel in uns“: „Kamele sind zufrieden. Wie sehr schließt das Bild des wiederkäuenden Kamels die Sehnsucht der Welt in sich ein. Möge sich die Menschheit angesichts des kommenden Weihnachtsfestes mit Blick auf das Kamel zum ruhenden Wiederkäuen verführen lassen, auf dass in unzähligen Herzen und auf Erden Friede werde.“ Kamelle...!
B16 schenkte uns in „Licht der Welt“(S.52) eine interessante Deutung der schweren Kirchen-Krise wegen der Missbrauchsenthüllungen im letzten Jahr: „Man könnte nun meinen, der Teufel konnte das Priesterjahr nicht leiden und hat uns daher den Schmutz ins Gesicht geworfen.“ Armin Schwibach nahm dies (kath.net, 29.10.) zum Anlass, B16 mit Hinweis auf dessen Generalaudienz-Katechesen zum Abschluss des Priesterjahres zu „entlasten“: „Es ist bezeichnend für die prophetische Kraft der Worte des Papstes, dass dieses als hoher Ausdruck seines Lehramtes in einem Moment ergeht, da die auf Zerstörung ausgerichteten Kräfte der Welt und das in einigen Vertretern der Kirche waltende Böse der ewigen Versuchung durch den ‚Durcheinanderwerfer-Diabolos’ zu herrschen schienen und es somit ermöglichten, auf undifferenzierte Weise ‚die Kirche’ und ihre Diener in Misskredit zu bringen.“ Alles klar?
Klarer – aber von der anderen Seite her - Uta Ranke-Heinemann in einem von Evangelisch.de (25.11.) verbreiteten Offenen Brief an ihren früheren Studienkollegen Joseph Ratzinger: „Sie, Papst Benedikt, in Ihrem Wahn von einem frauenlosen Männer-Biotop nehmen jede Gelegenheit wahr, die Ehe, wenn nicht zu verunmöglichen, dann wenigstens zu asketisieren, zu eunuchisieren, zu vermönchen und zu zölibatisieren.“
In seiner Predigt zum Stephanstag 2010 setzte Prof. Klaus Müller von der Universität Münster noch eins drauf: „Wir haben als katholische Kirche ein annus horribilis hinter uns, ein Schreckensjahr, in dem sich Supergau an Supergau reihte..., ein Papst, der völlig unpolitisch über allem steht und statt zu regieren und bischöfliche Knallköpfe in den Senkel zu stellen, lieber an seinem Jesus-Buch weiterschreibt.. Und dann die jüngsten Bischöfe in Deutschland, die eigentlich nur durch Peinlichkeiten auffallen. Manchmal denke ich mir: Wie in der Endphase der DDR. Alles Fassade.“
Und die älteren Bischöfe? Erzbischof Werner Thissen (72) von Hamburg
sprach Mitte Dezember gegenüber „Bild“ von B16 als einem der
„größten Geistesmenschen unserer Zeit“ und bezeichnete
sich selbst als „so ein bisschen wie Jesu Pressesprecher“: „Wir
müssen sehen, dass wir die Botschaft überbringen. Das hat was mit
Medien zu tun... Ich bin lieber ,Jesu Pressesprecher’ als ,Jesu Lautsprecher’.“
Kardinal Meisner schließlich bereicherte die erneute Zölibats-Debatte
am 2.2. mit der Erklärung: „Und nur wer Gott kennt, der kennt den
Zölibat: ‚Gott ist die Liebe’ (1 Joh 4,16) ist die zentrale
Botschaft des ersten Johannesbriefes. Und dieser Feuerbrand der Liebe, nämlich
Gott, kann einen Menschen mit diesem Feuer anstecken und entzünden, sodass
er – um es überspitzt zu sagen - das Heiraten vergisst.“
Und die nächsten Bischöfe? Schon geht das Posten-Geschacher und Spekulieren
um die demnächst frei werdenden Bischofsstühle los. Für das Erzbistum
Berlin favorisiert „Bild“ (6.11.) ungefragt (offensichtlich humoris
causa) Prälat Wilhelm Imkamp aus dem Bistum Augsburg, soll der doch bei
einer Silvesterpredigt mit einer Flasche Champagner auf der Kanzel gestanden
und gesagt haben: „Den hat schließlich der Benediktinermönch
Dom Perignon erfunden. Und die Witwe Cliquot musste wegen der Verfolgung durch
die Revolution im Champagnerkeller heimlich von einem Untergrundpriester getraut
werden. Die Witwe Cliquot wäre die einzige Frau, mit der ich durchbrennen
würde“...
Auch die Kondom-Äußerung von B16 und das Theologen-Memorandum boten reichlich Stoff sowohl für lächerliche als auch für ärgerliche Kommentare: „Benedikt XVI. wird als Kondom-Papst in die Geschichte eingehen“, prophezeite kreuz.net (20.11.), habe er doch „den ,ausnahmsweisen’ Gebrauch von Gummi-Isolatoren für männliche Geschlechtsorgane gerechtfertigt... Witz des Jahres: Das Kondom als Schritt zur Besserung“. Am 22.11. hieß es dann: “Ist diese Aussage nicht genauso aberwitzig wie die Empfehlung an einen Mörder, seine Opfer durch Genickschuss zu töten, um diesem Schmerzen zu ersparen, oder Diebe in Häuser der Reichen zu schicken, um die Armen zu schützen? Jetzt kann jeder das Kondom mit päpstlichem Segen als Moralisator verwenden... Reicht man dem Teufel den kleinen Finger, frisst er die ganze Kirche.“
Markus Reder gab in der „Tagespost“ (19.12.) unter dem Titel „Es geht um Gott, nicht um den Gummi“ seinen Senf dazu: „Mit dem Interview-Buch ‚Licht der Welt’ springt Papst Benedikt XVI. einmal mehr aus der Schublade vorgefertigter Urteile.“ Man hätte gleich ahnen müssen, „dass etwas schief läuft, wenn einem Papst-Buch ein Kondom übergezogen wird... Verhüten ließ sich der Erfolg von ,Licht der Welt’ damit nicht.“
Auch der österreichische Bischof Andreas Laun erwies sich mit seinem Eingreifen in die sinnlose Kondom-Debatte wieder einmal als Universal-„Experte“: „Denn die eheliche Liebe, von der Humanae vitae spricht, unterscheidet sich um Welten von einem Bordell-Besuch! Man vergleicht auch nicht das Tragen von Handschuhen als Schutz vor dem Frost mit der vernünftigen Benützung von Handschuhen bei einem Einbruch, um sich beim Eindrücken eines Fensters nicht zu verletzen! Auch ist es nicht so, dass die Kirche Dirnen ,mehr erlaubt’ als Ehepaaren.“ Denn sie könne nicht ‚erlauben’, was gegen die Ordnung Gottes ist. Außerdem „kennen Dirnen die Lehre der Kirche in der Regel nicht und halten sich nicht an sie, sonst wären sie keine Dirnen. Drittens pflegt die Kirche keine Beratung zum ‚sicheren Sündigen’ zu machen.“ kath.net (29.12.) forderte deshalb kategorisch: „Er sollte den ,Kondom- Sepp’ nicht auf sich sitzen lassen.“
Beim Theologen-Memorandum verging den Rechts-Katholiken dann endgültig der Spaß (falls sie so etwas überhaupt kennen oder dulden). So klagte ausgerechnet die Piusbruderschaft (17.12.) „Deutschland steht vor dem Schisma“, nachdem fast 100 Priester und Diakone im Erzbistum Freiburg zur Unterstützung des Memorandums aufgerufen hatten. Und Pater Karl Wallner sah in all dem am 15.2. bei einem Vortrag in Bochum einen „Kampf zwischen Zeitgeist und Heiligem Geist, den geborenen Feinden“. Ein Trierer Dominikaner und Professor schien Matthäus 16, 18-19 besonders eigenwillig auszulegen, d.h. als ob dort stehe: „Du bist der Ockenfels, und auf diesen Felsen will ich meine Kirche bauen...“ Dieser Ordinarius der Theologischen Fakultät Trier unterzeichnete nicht nur die Gegenerklärung „Petition Pro ecclesia“, sondern fiel u.a. in einem Interview mit kath.net (17.2.) über die gesamte Theologen-Zunft her: „Der Hund liegt natürlich schon in der Diagnose begraben... Das Memorandum ist nur noch peinlich. Dieses verschrobene Pathos, diese Ansammlung banaler Phrasen, diese maskenhaft erstarrte Protesthaltung, die schon in den siebziger Jahren des vorigen Jahrhunderts komisch wirkte. Darauf kann man eigentlich nur noch satirisch reagieren. Hier dokumentiert sich der groteske Aufstand theologischer Zwerge, die sich als Koryphäen aufspielen. Die frühere internationale Reputation deutscher Theologie ist dahin. Einige der besten römisch-katholischen Theologen findet man heute unter den nichttheologischen Laien, also Leuten wie Spaemann, Matussek, Lütz und Kissler.“
Letzterer polemisierte in einem „Offenen Brief an deutsche Theologen“ (kath.net, 7.2.): „Noch mehr Frauen am Altar, ergänzt durch verheiratete Priester, gerne auch geschieden, gerne auch schwul: Warum sollte diese mit der katholischen Tradition komplett brechende Agenda irgendein Bischof in Rom vortragen? Und darum ist Euer Memorandum ein Witz, der nicht zündet, eine Maskerade, die nicht glückt.... Man liest und fühlt sich veralbert... Nein, man kann hier fast den Eindruck gewinnen, schlimme Vorfälle dienten zum willkommenen Nagel, an dem noch einmal ein verstaubtes Bild aufgehängt werden soll: das Bild von der ramponierten Kirche, die Ihr, liebe Theologen, mit eigener Hand zurecht biegen wollt. Jeder Klempner ist dem Rohrbruch gut Freund. Wer sich gesund wähnt, hat nur den falschen Arzt.“
Und ein weiterer felsenfester Gesinnungsfreund von Herrn Ockenfels, der „kompetente Nichttheologe“(und laut kreuz.net- Beurteilung „Feigenblatt“-Katholik beim „Spiegel“), Matthias Matussek, schlug in die gleiche Kerbe, als er bei Spiegel-online (22.1.) schrieb: „Wollen wir die totale theologische Abrüstung? Priesteramt für jeden, Diakonie im Instantverfahren wie die Neu- Lehrer-Rekrutierung in der DDR nach dem Krieg?... Gerade in Zeiten nivellierter Wellness–Religiosität und allenfalls protestantischem Besinnungspausentum wäre der katholischen Kirche jeder Traditionsstolz zu wünschen, jede Form von Gegenwelt und Sperrigkeit, und dazu gehört zweifelsohne der Zölibat... Wir Katholiken wären vom Hahn gehackt, es Protestanten gleichzutun, schon aus marken-technischen Gründen.“ Diese verbalen Unverschämtheiten werden nur noch von kreuz.net übertroffen: „Die Theolunken stecken mit den Amts-Beischläfern unter einer Decke – Die letzten Zuckungen der Theolunken mit dem altliberalen Parteibuch - Sie weisen den breiten Weg ins Verderben - Die Ratten rotten sich zusammen – Der Wahnsinn hat Methode: Zuerst die Abtreibungspolitiker, dann die Staats- Theolunken und jetzt die Kapitulationsbischöfe.“ Und die evangelischen Christen werden neuerdings regelmäßig als „Protestunten“ diffamiert.
Dabei haben die Protestanten schon genug zu verkraften, hat doch der „Osservatore Romano“ (20.10.) in einem großen Artikel „Homer und Bart sind katholisch“ nach „Analyse“ einer früheren Folge die „Simpsons“, also diese seit 1989 erfolgreich agierende Zeichentrick-Familie, für katholisch erklärt, obwohl sie bisher offiziell immer als Mitglied der „Westlichen Sektion des amerikanischen Reform Presbyluthertums“ dargestellt worden ist. Der Medien-Protest bis hin zu Washington Post und New York Times gegen diesen vatikanischen Beutezug war enorm. Es hat den Anschein, als genüge Rom die Vereinnahmung von Piusbrüdern und Anglikanern noch nicht...
Bei Beichte, Heiligenverehrung und Reliquien haben die Protestanten ja von jeher andere Vor- und Einstellungen als die katholische Kirche. Daran lässt sich wohl auch nichts durch den Einsatz neuer Technologien ändern. So erhielt jetzt zwar ein „Beichte App“ für iPhone und iPadTouch vom US-Bischof Kevin Rhodes die höheren Weihen, d.h. das „Nihil obstat“. Doch ob man damit das Ziel erreicht, Beichtflüchtlinge wieder zurückzuholen oder Beicht-Anfänger animieren kann, ist sehr fraglich. Es ist natürlich – wie betont wird - keine Absolutions-Maschine, d.h. die Freude der Lossprechung darf das Gerät nicht spenden. Es ist eher ein individuell auf den Nutzer ausgerichteter Beichtspiegel für Vergessliche, eine Anleitung zum Gebrauch im Beichtstuhl. Auf die damit verbundenen Gefahren wiesen allerdings bereits US-Nonnen nach mehreren Tests hin: Wenn man bei den zwingend notwendigen Eingangsfragen zur Person gleichzeitig „weiblich“ und „Priester“ eingibt, kommt sofort der Sperrvermerk „Sex und Berufung sind nicht kompatibel“. Besorgt fragten die Ordensfrauen auch, was passiert, wenn während der Beichte die Batterien den Geist aufgeben...
Zum Glück beteiligen sich die Protestanten nicht am Tanz um den fragwürdigen „Heiligen Stuhl“. Schon lange kursiert der Witz vom „Heiligen Stuhl“ als einzigem Heiligen mit vier Beinen. Und in der Zeit der schweren Erkrankung von Papst Johannes Paul II. war z.B. eine Agenturmeldung zu lesen: „Italiens Medien spekulieren seit Monaten über mögliche Viren und Bakterien im Darm des Papstes. Aber der Heilige Stuhl gibt keine Auskunft.“ Eine Göttinger Zeitung brachte jetzt den Nachschlag: „Der Heilige Stuhl soll sauberer werden“ (gemeint waren neue Kontrollen des vatikanischen Finanzgebarens). Auch der übrige Heiligen-Boom in Rom trifft auf wenig Sympathie – nicht nur bei den Protestanten -: Heiliges Jahr, Heiliger Rock, Heiliger Vater, aber auch Heilige Inquisition... und Heiliger Krieg. Und jetzt ein „Heiliger Vater“, der zunächst feierlich zum Seligen heruntergestuft werden soll, um später –nach einem weiteren „Wunder“ - richtig heilig zu werden. Der Popanz um das Wunder und das Eiligsprechungs-Verfahren werden aber Millionen Menschen nicht davon abhalten, am 1. Mai in Rom dabei zu sein. Kardinals Meisner, der als Zeuge zur Person JP2 befragt wurde, schilderte den Verlauf im Domradio (24.2.) so: „Zum Schluss fragte mich einer, ob ich denn wohl glaube, dass Papst Johannes Paul II. das geglaubt hat, was er gesagt hat. Da habe ich auf den Tisch gehauen und gesagt: Na, hören Sie mal, das war ein anständiger katholischer Christ! Daraufhin haben sie mich beschwichtigt und gesagt, das war doch der Anwalt des Teufels, der musste ja so eine provokante Frage stellen!“ Bischof Klaus Küng berichtete von einem Essen, zu dem er vom Papst eingeladen war: „Und nun wird er selig gesprochen! Das heißt, ich habe mit einem Heiligen zu Abend gegessen!“(kath.net, 18.2) Es ist schon etwas Besonderes und Geheimnisvolles mit diesen neuen Heiligen im Schnellverfahren. So wurde gemeldet: „Johannes Paul II. jeden Samstag auf kath.net“ und „Jede Woche eine SMS von Mutter Teresa“ (kath.net, 3.2).
Schließlich gibt noch das Reliquien-Geheimnis Anlass zum Wundern. Ursprünglich wollten die Polen ja wenigstens das Herz ihres Landsmannes. Doch das wurde vom damaligen Papst-Sekretär und heutigen Kardinal von Krakau, Stanislaw Dziwisz, abgelehnt. Er bot stattdessen von JP2 getragene Textilien als Ersatz an. Doch ganz ausgestanden ist die Leichenfledderei noch nicht. Oder wie ist die Meldung von Radio Vatikan (18.2.) zu verstehen: “Nach der Feier soll der Leichnam des neuen Seligen allen Gläubigen, die es wollen, zugänglich sein.“? Und was steckt hinter der Ankündigung von „Zenit“(3.2.): „Mit hochkarätigen Vertretern ist die Internationale Tagung der Theologie des Leibes von Johannes Paul II. besetzt, die am 13. Mai 2011 in Eichstätt beginnt.“? Und was soll uns der Satz im wöchentlichen „Bild“–Report „Das war die Woche von unserem Papst“ (vom 13.2.) sagen: „Traditionelles Mittagsgebet des Papstes. Er erklärt das Gebetsanliegen ,Gib uns ein neues Herz’“? Fragen über Fragen. Antwort darauf gab dann allerdings soeben der Sekretär des jetzigen Papstes. Als die Diskussion aufkam, weshalb der Organspende-Ausweis von Joseph Ratzinger nicht mehr gültig sei und sein Name deshalb nicht länger für Organspenden – Zwecke benutzt werden dürfe, wies er darauf hin, dass der Ausweis automatisch mit der Wahl zum Papst seine Gültigkeit verloren habe. Die offizielle Begründung: „Sein Körper gehört der ganzen Kirche.“ Der Krakauer Erzbischof fand schnell einen Ausweg, um dennoch die Reliquien-Nachfrage der Polen zu befriedigen. Schließlich hatte er eine Ampulle mit Blut von JP2 – in der Gemelli-Klinik kurz vor dessen Tod entnommen- mitgehen lassen. Und die soll jetzt in einer eigens erbauten JP2-Gedächtniskirche in Krakau auf dem Altar „ausgestellt“ werden. Vorher aber hat Herr Dziwisz sich noch als „Blutspender“ betätigt und einen Tropfen des wertvollen Diebesguts dem schwer verletzten polnischen Formel-1-Piloten Robert Kubica in einer Medaille mit guten Wünschen für baldige Genesung übermitteln lassen...
Wir brauchen also nicht bis zum 11.11.11, 11,11 Uhr auf neue Narreteien und Kalauer in der Kirche zu warten.
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