Die Glosse

Rauschheim, kurz nach dem die
Theologen und die katholischen
Politiker aus massiven Sorgen die
Kirch zur Reform aufgefordert haben.

Lieber Joseph,

jetzt in der Rente und mit der Zeit fürs Internet kommst Du an alle Informationen ran, die dich interessieren. Beim Bischof von Trier, der wo ja der Chef von der Sippschaft für die Klärung und das Verhindern weiterer Missbrauchsfälle in der Kirche ist, hab ich einen Ukas gegen die acht Politiker und den großen Haufen von Theologen gelesen, die wo Reformen in der Kirch wegen der ihrem jetzigen erbärmlichen Zustand gefordert haben. Sepp, Du fällst auf den Arsch, wenn Du Dir das zu Gemüte führst! Der Bischof Ackermann zieht dir vielleicht unter dem Titel „Wir wollen keine ‚Basta-Politik’“ gegen diese Kritiker vom Leder, und blufft, was das Zeug hält. Zur Forderung von dem Priestertum der Frau poltert dieser angebliche Kämpfer gegen „Basta-Politik“: „…es gibt bestimmte lehramtliche Grenzziehungen“ oder „Da gibt’s es durch Papst Johannes Paul II. eine klare amtliche Festlegung“, und würd ich ergänzen, damit „basta“!

Mich als Gewerkschafter und Sozi, der dran gewöhnt ist, über alles ohne Tabus zu reden, macht sowas wild aber auch vorwitzig. Mir dämmert noch aus der Kindheit, dass der Papst sich vor langer Zeit die Unfehlbarkeit unter den Nagel gerissen hätt und seitdem par ordre du Mufti jede „Grenzziehung“ und „Festlegung“ mit sich allein beschließen könnt. Unsereinem tät nichts übrig bleiben, als wie sich zu fügen. Pustekuchen! Das war einmal! Bei einem Gewerkschafter setzt er sich auch nicht damit durch, dass er sich „Stellvertreter Gottes“ nennt.

Gleich drauf hab ich dann „Papst“ gegugelt. Du fällst rum. Noch bis 1870 war der gar nicht unfehlbar. In der Renaissance, das muss eine tolle Zeit in Italien gewesen sein, da hätten die Päpst sich mehr drum gekümmert, wie sie ihre Söhne mit guten Posten versorgen könnten als darum, wie man die christliche Herde auf dem Weg in den Himmel zusammenhält. Und heut entscheidet so einer, was wir glauben müssen!

Und schon bin ich beim zweiten Thema, dem Zölibat. Den Ackermann „schmerzt wirklich“, das glaube ich dem linientreuen Bischof, „dass die Diskussion … die zölibatäre Lebensweise zunehmend diskreditiert“, und dabei die Pastöre, „die zölibatär leben, immer mehr in den Ruf kommen, arme, bedauernswerte Typen zu sein“. „Das ist für die Berufungspastoral verheerend“, jammert der Ackermann weiter. Drum hätten, die, die wo den Zölibat madig machen, die eigentliche Schuld am Priestermangel, aber auf keinen Fall sucht er die Schuld bei den Bischöfen, die wo vor aller Augen die Priester wegen einer Heirat, als ob wie wenn die Ehe einen zum Sündenbock machen tät, in die Wüste schicken.

Unsere Pastör dürfen ja nicht heiraten, also auch keine Kinder haben. Wenn ein Pastor das leere Pfarrhaus dick hat, dann den Zölibat nicht mehr aushält, sich eine Frau holt, kommt er beim Bischof in Verschiß (bei seiner Gemeinde meist nicht) und wird gefeuert. Hat er dann gerade ein Kind bekommen, ist der als Arbeitsloser übel dran. Ich denk, weil so ein Schicksal fast jeder kirchlich interessierte Jugendliche kennt, will keiner mehr Priester werden trotz dem schönen Gehalt von wenigstens A 13 / A 14. Außerdem hätten viele heutzutage die Aussicht, sogar Bischof zu werden mit einem Staatssekretär-Salär. Ich weiß es nicht mehr genau wo, aber in einem deutschen Bistum gab es im Jahr 2010 zwei neue Bischöfe, aber nur einen Neupriester. Solch eine Karrierechance kannst Du in keinem anderen Betrieb einem Bewerber bieten. Aber kaum einer will noch diesen „vielversprechenden“ Beruf.

Bei dem schweren Thema „Sexualmoral“ äußert Ackermann sich auf den ersten Blick ganz einsichtig, nämlich so: „Wir spüren ja, dass die Kirche hier auf breiter Fläche nicht mehr gefragt ist, dass Menschen da keine Orientierung mehr von ihr erwarten.“ Er redet in diesem Punkt umstürzlerischer als wie die rebellierenden Theologieprofessoren und die Politiker, denen er wegen ihres jeweiligen Memorandums einen „etwas hilflosen Versuch“, mit der kirchlichen Situation „irgendwie klar zu kommen“, bescheinigt.

Also, Joseph, ich hätt nicht gedacht, dass ich mich als eingefleischter Gewerkschafter in meinem Alter noch mit diesen Themen so stark beschäftigen tät. Das Komische daran, man ist und bleibt als Bayer trotz allem Katholik.

Dein Sepp

P.S.: Was hat die kirchliche Sexualmoral unseren Eltern angetan, indem sie denen bei jeder sexuellen Freude die Hölle unter die Nase gerieben hat! Wer hat sich denn damals bei dem Druck von der Kirch getraut, seine Ehe als Mann und Frau ohne Gewissensangst zu praktizieren. Auf dem Feld kommt mir der Bischof verdammt leichtsinnig vor. Der macht, als würde er von einer Bagatelle reden, wo es doch um den Diebstahl des Eheglücks geht. Die Leut nehmens der Kirch krumm. 750000 sind deswegen und wegen der Missbrauchsfälle im vergangenen Jahr allein in Bayern aus der Kirche ausgetreten.


© imprimatur Juni 2011
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