Leserforum

Leserbrief zum Memorandum

Zu der Diskussion über das Aufbruch-Memorandum möchte ich zwei Bemerkungen beitragen:

1) Ich finde die kritischen Darlegungen von Karl-Heinz Ohlig in Nr. 2/3, 2011, zu den Äußerungen von Kardinal Kasper ebenso berechtigt wie notwendig. Die Rede von der Kirchenkrise wie auch die von der Glaubens- und Gotteskrise hat jeweils ihre Gründe. Obwohl ich einen Genitiv wie „Gotteskrise“ sprachlich für unklar und unschön halte, möchte ich hier einen anderen Genitiv einbringen: Offenbarungskrise. Ich meine in der Tat, dass die „Selbstverständlichkeit“, mit der in den sog. abrahamitischen Religionen von „Offenbarung“ gesprochen wird, eine Krise nicht überdecken kann, die virulenter und bedrängender ist als die anderen, oben genannten Krisen. Dass es so etwas wie „Offenbarung“ gibt und was damit gemeint sein mag, scheint mir weit fraglicher als das, was man mit dem Wort „Gotteskrise“ verbindet. Wenn „Offenbarung“ nicht „begründet“ oder nicht mehr verständlich gemacht werden kann, droht allenthalben ein lediglich behauptender und insofern unbewiesener und unglaubwürdiger Fundamentalismus. Dies möge hierzu genügen.

2) Natürlich bin ich als Mitunterzeichner des Memorandums auch gegen den obligatorischen Zölibat. Ohne hier das Thema „Frauenordination“ anzusprechen, von dem manche seltsamerweise meinen, es sei dogmatisch definitiv erledigt, möchte ich lediglich zu der m.E. allzu undifferenzierten Rede von den viri probati ein kritisches Wort riskieren. Gewiss habe ich nichts gegen das, was mit diesem Vorschlag gemeint ist. Aber: Wer entscheidet, was ein vir probatus ist? Nach welchen Kriterien? Wie wäre es, wenn die Amtskirche z.B. die höheren Ränge des Opus Dei – oder vergleichbare katholische Männer – als viri probati zu Priestern „weihen“ würde? Da mir dies, was sich hier abzeichnet, nicht wünschenswert erscheint, müsste stets gefordert werden, dass die Gemeinden mehrheitlich darüber entscheiden, wer als vir probatus „geweiht“ werden soll. Wenn freilich die Gemeinden von Klerikern manipulierte Gruppen sind, ist diese Lösung keineswegs problemlos, aber sie wäre das kleinere Übel, wenn man in Erwägung zieht, dass gewisse Veränderungsprozesse „von unten“ nicht völlig ausgeschlossen sind. Auch dieses möge hier genügen.

Prof. Heinz Robert Schlette


© imprimatur Juni 2011
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