Der Fall des amtsenthobenen Bischofs William M. Morris, Australien

Exzellenz! Hochwürdigster Herr Nuntius!

Ihre "Trauer" erstaunt und verwundert mich. Denn gerade als Theologe ist mir wohlbekannt, auf welch wissenschaftlich fragwürdigen, exegetisch-kritisch unhaltbaren Füßen die Position der römischen Kurie in Sachen Frauenordination steht. Ich könnte Ihnen auf Anhieb fünf deutsche Bischöfe und viele meiner Kolleginnen und Kollegen nennen, welche die Sache genau so sehen wie ich. Aber sie wagen es nicht, das öffentlich laut zu sagen, weil sie sonst - und wie sich im Fall Morris zeigt: leider zu Recht – ähnliche Sanktionen befürchten müssen.

In tiefer Trauer über diesen Zustand der Kirche
Norbert Scholl


Sehr geehrter Herr Professor Scholl!

Hiermit bestätige ich Ihnen den Empfang Ihres Schreibens vom 4. Mai 2011 über die Abberufung Bischofs William M. Morris.
Ich staune, dass Sie die Haltung, dass Frauen mit priesterlichen Diensten betraut sein könnten und das Thema zur Weltdiskussion kommen sollte, vertreten. Als Theologe kennen Sie wohl die Gründe, warum nur Männer Priester sein können.

Mit Trauer
+ Jean-Claude Périsset
Apostolischer Nuntius


Sehr geehrter Herr Nuntius!

In der Abberufung des australischen Bischofs William M. Morris sehe ich eine Verletzung der Menschenrechte durch eine menschenunwürdige diktatorische Entscheidung des Vatikans. Der Bischof hat nichts anderes getan, als festzustellen, dass in seiner Diözese 2014 mit ihm nur mehr 19 Priester sein werden. Zur Lösung des Priestermangels schlug er vor, aus dem Amt geschiedene Priester wieder und verheiratete Männer sowie Frauen mit priesterlichen Diensten zu betrauen, wenn dies die Kirche zulasse. Ein so fürsorglicher, vorsichtiger und transparenter Vorschlag genügte, dass der Vatikan reagierte. Die Verantwortlichen in Rom zeigen, wie sehr sie problembezogene, lösungsorientierte und transparente Auseinandersetzungen scheuen. Ohne eine sachbezogene Diskussion unter Kollegen setzten die vatikanischen Bürokraten offenbar einseitig auf Verleumdungen romtreuer Gläubiger aus der Diözese Toowoomba und beschlossen die Abberufung des Bischofs. Diese Entscheidung zeigt auch, wie sehr selbst der Papst ein Gefangener der kurialen Bürokratie ist. Denn in seinem Namen wurde die Abberufung ausgesprochen. Nie hatte der Bischof ein eigenmächtiges Vorgehen gegen Rom beabsichtigt oder gar begonnen. Trotzdem wurde ihm ein faires Verfahren, eine faire inhaltliche Auseinandersetzung verwehrt.

Mit freundlichem Gruß
Prof. Dr. theol. Norbert Scholl, Wilhelmsfeld


© imprimatur November 2011
Zurück zum Inhaltsverzeichnis

Sagen Sie uns Ihre Meinung zu diesem Artikel!
Bitte füllen Sie die folgenden Felder aus, drücken Sie auf den Knopf "Abschicken" und schon hat uns Ihre Post erreicht.

Zuerst Ihre Adresse (wir nehmen keine anonyme Post an!!):
Name:

Straße:

PLZ/Ort:

E-Mail-Adresse:

So und jetzt können Sie endlich Ihre Meinung loswerden: