Lao Zi (Laotse): Der Urtext |
Der doppelte Bruch |
Der bekannte Bonner Sinologe Wolfgang Kubin hat den so genannten Urtext des Lao Zi (Laotse) ins Deutsche übersetzt. Bereits 2008 erschien eine Übersetzung von Hou Cai, Direktor des Instituts für Philosophie an der Zentralen Parteihochschule der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) in Beijing (Das Bambustäfelchen Lao Zi, LIT, Münster 2008).
Die 71 Bambustäfelchen mit den Aussagen des Lao Zi aus der Zeit um 300 v. Chr. enthalten in der frühesten bislang bekannten Fassung Teile des später unter den Namen Daodejing (Tao Te King oder Laozi ) genannten Textes sowie einen bisher unbekannten daoistischen Schöpfungsbericht „Das Große Eine brachte das Wasser hervor”.
Ab 1870 erschienen bis heute 107 Übertragungen des Daodejing in deutscher Sprache. Kubin spricht deshalb davon, „Lao Zi und der Taoismus (seien) auch wissenschaftlich eine deutsche Domäne geworden”. Er begründet die Veröffentlichung des Urtextes mit der Notwendigkeit der „Entmythologisierung”. Denn die Mythologisierung des Lao Zi setzte bereits vor der Zeitenwende ein, etwa durch die „Biographie” des Lao Zi, die der chinesische Historiker Sima Qian schrieb. Bei den biographischen Darstellungen des Lao Zi bestehen bis heute erhebliche Unterschiede zwischen chinesischer und westlicher Sinologie. Der von Kubin übersetzte Urtext wurde erst 1993 in Guodian Cun, einem Dorf in der Provinz Hubei gefunden und stammt aus der Zeit 350 bis 300 v.Chr. Dieser Text und ein weiterer, der zwanzig Jahre früher in Mawangdui entdeckt wurde, lassen den Schluss zu, dass es einen historischen Lao Zi nicht gegeben hat. Kubin legt dies im Einzelnen dar.
Der Urtext besteht aus drei Teilen („Bündeln”), die jeweils aus 39, 18 und 14 Kapiteln („Täfelchen”) bestehen. Es handelt sich also um eine völlig andere Einteilung als jener des Daodejing (Kap.1-37 Daojing, Kap.38-81 Dejing). Überdies lassen sich lediglich 31 Texte der tradierten Fassung zuordnen. In Kubins Einteilung in drei Bücher stehen im ersten zwanzig Kapitel, im zweiten acht und im dritten vier. Angefügt ist der Text „Das Große Eine brachte das Wasser hervor”. Nach Kubin handelt es sich beim Urtext um eine Vorstufe des Daodejing, „aus gereimten Spruchgut, zu dem viele beigetragen haben”. Die Texte richten sich an einen „Herrscher”. Die Themen des Ganzen sind Herrschaft sowie Kosmologie als Verhältnis des DAO zur Welt der Erscheinungen. Übrigens bestanden offensichtlich in der Zeit der Entstehung des Urtextes noch nicht jene Unterschiede, die sich in späterer Zeit zwischen konfuzianischen Prinzipien und daoistischen Regeln herausbildeten.
Kubin präsentiert die einzelnen „Täfelchen” in einer von ihm als „Vorschlag” bezeichneten, rekonstruierten Version, da der aufgefundene Text teilweise korrumpiert ist. Es folgen Kubins Übersetzung ins Deutsche sowie sein Kommentar. Wo es Übereinstimmungen mit dem Daodejing oder zumindest Anklänge gibt, fügt er die im deutschen Sprachraum noch stets weit verbreitete und erstmals 1911 erschienene Übersetzung von Richard Wilhelm an, obgleich er jene von Günter Debon (1961) als die schönste Übersetzung bezeichnet.
Die Ausgabe ist als zweiter Band in der neuen Reihe des Herder-Verlags „Klassiker des chinesischen Denkens” erschienen, die ein breiteres Publikum mit den zentralen Schriften der chinesischen Kultur bekannt machen soll. In Kubins Ausgabe nimmt die Wiedergabe des chinesischen Textes, den allenfalls des Chinesischen Kundige verstehen, breiten Raum ein. Kubin übersetzt den zentralen (daoistischen) Begriff „Shengren” mit „Der Heilige”, etwa wie G.Debon, („Der Heilige Mensch”). Andere, vielleicht doch eher zutreffende Übersetzungen lauten „Der Berufene” (R.Wilhelm), „Der Weise” (E.Schwarz) bzw. „The Sage” (D.C.Lau).
Die einzelnen Texte dieses Urtexts wirken noch archaischer, herber als die des Daodejing. Zwei Beispiele:
„Wer sich des Studiums befleißigt, mehrt [sein Wissen Tag für
Tag],
wer das Tao pflegt, mindert [sein Wissen Tag für Tag],
es wird weniger und weniger,
bis nichts mehr zu tun bleibt,
nichts mehr zu tun, und doch ist alles getan.” (2.2)
„Der Grund, warum wir großes Übel erfahren, ist, weil wir
einen Leib haben.
Welches Übel empfinge ich ohne Leib?” (2.4)
Erhard Bertel
Der doppelte Bruch
Das umkämpfte Erbe des Zweiten Vatikanischen Konzils.
Ein Werkbuch
2011 Edition ITP-Kompass, Münster
ISBN: 978-3-981 3562-0-5
Das Institut für Theologie und Politik hat ein Werkbuch zum II. Vatikanischen Konzil herausgebracht: “Der doppelte Bruch. Das umkämpfte Erbe des Zweiten Vatikanischen Konzils”. Zeit- und kirchenpolitischer Kontext, Erfahrungsberichte “vor und nach dem Konzil”, der Katakombenpakt und der Streit um die “Kirche der Armen”, über das Religionsfreiheitsdekret, Ausblick auf Desiderata und ökumenische Perspektiven sind nur einige der vielfältigen Inhalte.
In der Einleitung sagen die Autoren:
„Es wird in den nächsten Jahren einige Versuche geben, an das Konzil
vor 50 Jahren zu erinnern. Wir möchten mit dieser Werkmappe Materialien
zur Verfügung stellen, mit denen wir versuchen, einige Aspekte dieses Konzils
zu verdeutlichen. Und wir meinen, dass uns das Konzil als Ereignis, der damalige
Aufbruch aus einer versteinerten Struktur und die Motivationen und Triebkräfte
des Aufbruchs einiges sagen können.“
In vier Kapitel ist das Werkbuch unterteilt:
I. Der Bruch, den das Konzil bedeutete;
II. Das Konzil: Brüche und Entfaltungen;
III. Die Konflikte um die (Be-) Deutung des Konzils,
IV. Anfragen und Anknüpfungen an das Konzil.
„Die Materialien dieser Werkmappe bestehen aus neu verfassten Texten, aber auch aus bereits früher publizierten Texten, die wir für wichtig und wertvoll halten“.
Obwohl sich die Autoren des Werkbuches bewusst sind, dass die Situation der Kirche von damals eine sehr verschiedene von unserer heutigen ist, glauben sie an die Wirkmächtigkeit der Gedanken, die durch das Konzil angestoßen wurden und auch heute für die Weiterentwicklung der Kirche hilfreich sind.
Die Kirche Lateinamerikas steht sehr deutlich im Vordergrund des Werkbuches. „Ausgehend von der Option für die Armen entsteht die Kirche vom unterdrückten Volk her:
„Die kirchlichen Basisgemeinschaften sind zweifellos der organisch gegebene Ort des Christen, des unterdrückten Volkes und des ’Volk Gottes’; sie machen einen Teil der Armen und einen Teil der Kirche aus. Nicht alle Glieder der Kirche stellen sich auf die Seite der Armen oder sind arm. Die Basisgemeinschaft ist der eigentliche Ort des Kirche-Seins, des ’Volk Gottes'- Seins der Armen, des Volks der Armen und derjenigen, die sich für die Armen entscheiden. Diese Armen und diejenigen Glieder des ’Volkes Gottes', die sich auf ihre Seite stellen, könnten ganz richtig als ’Volkskirche' bezeichnet werden, als Kirche (‚Volk Gottes' nach Lumen Gentium) und als Volk (Einsatz für die Armen, Ausgebeuteten, für das geschichtliche Volk, den Gesellschaftsblock der Unterdrückten). Der Begriff ,Volkskirche' würde so innerhalb der einen, offiziellen und institutionellen Kirche diejenigen Christen bezeichnen, die ein anderes ,Modell' - wenn man unter ,Modell' eine gewisse Sicht und Praxis des Typus der Evangelisierung versteht, die von der Kirche in der Welt und unter den Armen vorzunehmen ist - von Kirche haben, der sie aber als Teil voll und ganz und legitim angehören." (Dussel, Enrique, „Populus Dei“ in populo pauperum).
Man möchte dem Werkbuch eine weite Verbreitung wünschen, da es eine Vielzahl von unterschiedlichen Anstößen zur Auseinandersetzung mit dem Konzil gibt, einem Konzil, das von der offiziellen Seite der Kirche heute einseitig interpretiert oder gar am liebsten verschwiegen wird.
(Bestellung: e.mail: buecher@itpol.de)
Zurück zur Auswahl© imprimatur Dezember 2011
Sagen Sie uns Ihre Meinung zu diesem Artikel!
Bitte füllen Sie die folgenden Felder aus, drücken Sie auf den Knopf "Abschicken" und
schon hat uns Ihre Post erreicht.