Die Glosse

Rauschheim, kurz vor Beginn der Fastnachtszeit 2012

Lieber Sepp, alter Sozi,

am 10. Januar hat die Süddeutsche Zeitung wieder ein Mordsbild vom Kardinal Marx gedruckt, auf dem wo man ihn sieht, wie er praktisch allein auf weiter Flur, ein Kerl wie drei, ganz wie ein Operettenfürst in ein goldenes Gewandt verpackt durch den Mariendom wandelt, als wie wenn er zu seinen Diözesanen schreiten tät, um denen seine Antwort auf ihre Vorschläge für die Bistumsreform zu verkündigen. So ganz allein ist er nicht, hinter ihm geht ziemlich unauffällig einer, der die Hände vor seinem viel mäßigeren Bauch gefaltet hält, sozusagen ein Gefolgsmann mit affigen Lilaknöpfchen. Sepp, Du erinnerst Dich, der Marx hatte zum Mitmachen bei der Bistumsreform aufgerufen, und die Münchner hatten kräftig mitgemacht. Seine souveräne Antwort: „Alles bleibt beim Alten!“ Sepp, das kann ja nicht heißen, es geht weiter wie bisher, denn das ist bei der heutigen Priesterflaute ausgeschlossen. Es kann nur heißen: „Ich, der Kardinal Marx allein, bestimme nach wie vor, wies in meiner Kirche weiter geht, da brauche ich euren laienhaften Rat nicht.“

Wie soll ein kirchlicher Zivilist wie Du und ich mit so einem reden? Zwischen einem mit einer solchen Goldmontur, und auf dem Kopf die Mitra, und Deinem Räuberzivil sind normale Kontakte ausgeschlossen. Wenn der mit Schwung in seiner ganzen Pracht und Herrlichkeit auf Dich zusteuert, verlierst Du die Kurage zum Widerstehen. Sagen wir trotzdem, Du rappelst Dich auf und machst dem Marx einen Vorschlag zugunsten von Donum Vitae, das wo ja Deinem Enkel Karsten das Leben gerettet hat, dann kriegst Du ungerührt zu hören: jede Annahme einer Hilfe von den Donum-Vitlern ist für den Katholiken durch einen päpstlichen Ukas untersagt, egal, was auf dem Spiel steht.

Sepp, Du siehst, die haben keine Enkel, ahnen nicht einmal, in welche Not eine Schwangere geraten kann. Trotzdem verweigern diese Goldfasane jeden Rat durch Laien, grad wenn`s ums Kinderkriegen oder überhaupt um das Zusammenleben von Mann und Frau geht. Solche zölibatären Hierarchen erheben absolut selbstherrlich den Führungsanspruch auch auf diesem Gebiet, wodrin umgekehrt sie (hoffentlich) nach der Zölibatsvorschrift wirklich Laien sind.

Sepp, wo soll das hinführen? Mein bisher fester Glaube an Jesus und den lieben Gott wird am End durch diese Vertreter noch erschüttert.

Außerdem, guck Dir mal an, wie die Hierarchen mitten in der Demokratie die Frauen bis heute noch zurückbeißen! „Das Weib schweige in der Kirche!“ Als wie wenn sich in zweitausend Jahren mit den Frauen nichts geändert hätt. Dem Marx oder dem Müller täts nichts schaden, wenn die – wenn auch nur für kurz – mal mit einer Art Alice Schwarzer verheiratet wären.

Sepp, Du alter Gewerkschafter, ich muss Euch Recht geben. Die Penunzen machen den Unterschied aus. Ein Kardinal hat ein bombisches Gehalt, der Laienberater z.B. in einem Diözesanrat ist unbezahlt. Der erste bestimmt, und der zweite hat gemäß seiner fehlenden Bezahlung auch nichts zu sagen.

Bis zum Stammtisch am Donnerstag

Dein Freund Joseph, immer noch Vorsitzender des Katholischen Handwerkervereins und Mitglied des Pfarrgemeinderates. Allmählich hab ich die Nase voll mit dieser Herabsetzung von uns Laien.

P.S.: Sepp, wir zwei sind mit unserem Frust nicht allein. Die Süddeutsche macht sich auch ihre Gedanken. Ich glaub und hoffs um der Kirche in Bayern willen, dass die Zeitung es fertig bringt, dass unsere Hierarchen im Land von wegen den Auswirkungen ihrer Dekrete von ihrem hohen Ross heruntersteigen und die Gläubigen mitreden lassen. Sie sollen sich hinters Ohr schreiben, das schließlich die Kirchensteuer nur so lange gesichert ist, wie die Leut der Kirche anhängen.


© imprimatur März 2012
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