Erhard Bertel
Worauf sollen wir hören, sag uns, worauf?

Mit dieser Liedzeile im Gotteslob Nr. 623 könnte man die Situation eines Katholiken beschreiben, der wohlwollend und kritisch beobachtet, was sich in der Kirche tut.
Er stellt fest, dass der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz in hohen Tönen von Fortschritten beim kirchlichen Dialog spricht:

„Wir haben uns gemeinsam ausgetauscht über den Glauben, uns darin bestärkt und gemeinsam auf die Fragen des Glaubens heute geschaut - wie dieser heute neue Frucht tragen kann. Der Start war für mein Empfinden ausgesprochen gut! Wir werden in diesem Jahr wieder eine gemeinsame bundesweite Veranstaltung haben, in Hannover, und dann dort schauen, welche Schwerpunkte wir setzen.“

Gleichzeitig erfährt er, dass die „Laienseite“ dieses Dialoges davon spricht, dass die interessierenden Themen zu einer Zukunftsperspektive der Kirche gar nicht angesprochen werden können. Während die Bischöfe vor allem eine Vertiefung des Glaubens anstreben, was immer sie damit meinen, geht es dem Dialogpartner um konkrete Fragen: Sakramentenempfang bei Geschiedenen und Wiederverheirateten; Zugang zum Priesteramt; Priesterweihe auch von Frauen, nicht nur im Hinblick auf den „Priestermangel“ u.a. Eine eigenartige Form von „Dialog“ zeigt sich da. Jede Seite führt den Dialog mit sich selbst und parallel zueinander.

Auf der Ebene der Gemeinden mühen sich die wenigen jüngeren und in der Mehrzahl älteren Priester um das „Alltagsgeschäft“. Je weniger Priester, desto größer ein Konglomerat von Gemeinden. „Zentrale Orte“ für eine sonntägliche Eucharistiefeier werden „von oben“ verordnet. Begründung eines Bischofs: die Leute fahren ja auch viele Kilometer zum nächsten Baumarkt. Würde dieser Bischof sonntägliche Messen mit Durchschnittsgemeinden feiern, dann würde er die Katholiken sehen, die sich da zunehmend versammeln, jedenfalls wenige, allein aus Altersgründen, die kilometerweit zum nächsten Baumarkt fahren. Dazu kommt eine absolute Blockade von „Wortgottesdiensten mit Mahlfeiern“, also priesterlosen Gottesdiensten in den Dörfern und einzelnen Stadtteilen, wenn kein Priester zur Verfügung steht. Es kommt zu einer Ausdünnung kirchlichen Gottesdienstlebens, das vor Jahren noch unvorstellbar war.

In der Ausbildung der Pastoralreferenten/innen und Gemeindereferenten/innen wird sehr darauf geachtet, dass da keine Konkurrenz zu den Priestern vor Ort erwächst. Ihre pastorale Ausbildung ist sicher recht fundiert, aber es werden keine „Führungskräfte“ ausgebildet, die Aufgaben übernehmen könnten, die heute anfallen. Ich habe erlebt, dass eine Pastoralreferentin, die als Predigerin in einem Sterbeamt angesagt war, mit der Suspendierung bedroht wurde. Wie peinlich muss es Bischöfen sein, wenn Gemeinden zu der Auffassung kämen, dass ein solcher pastoral ausgebildeter Laie ein/e gute(r) Prediger(in) wäre und der Priester in einem Sonntagsgottesdienst gar nicht vermisst wird. Und läge es nicht nahe, solche Fachkräfte auch dafür auszubilden, dass sie eine Gemeindeleitung übernehmen könnten, so dass Ansprechpartner vor Ort eingesetzt würden und die Nähe zu den Menschen in den Gemeinden gewährleistet wäre.

Wie sehr müsste es das Anliegen der Bischöfe sein, dass bei familiären Ereignissen keine Routinedienste von der Kirche angeboten würden.

Was spricht gegen eine Taufe durch von der Kirche beauftragte Laien? Was spricht gegen die Spendung der Krankensalbung durch „Laienseelsorger/innen“, die in den Krankenhäusern ihren Dienst tun? Was spricht gegen die Beerdigung der Verstorbenen durch solche beauftragten Seelsorger(innen). Wie sehr dieser letztgenannte Dienst der Routine verfallen kann, kann nur der ermessen, der sieht, wie ein noch verbliebener Priester in Großgemeinden leicht die Zahl von 50 – 60 Beerdigungen pro Jahr erreicht. Das bedeutet: ein Gespräch mit den Angehörigen, einen Gottesdienst gestalten und schließlich die Beerdigung begleiten. Für diesen Dienst ausgebildete Gemeindemitglieder oder auch Laienseelsorger(innen) könnten die Angehörigen besser begleiten und den verbliebenen Priester entlasten und aus einer Routine befreien, die für die Seelsorge tödlich sein kann.

Sicher ist zu bedenken, dass die Gemeinden auf diese Entwicklung vorbereitet werden müssten. Denn Jahrzehnte lang wurde Ihnen von den Kirchenoberen eingeimpft, was nur ein Priester kann und daraus haben sich Erwartungen ergeben.

Meine Erfahrung aber ist, dass sich Mitchristen durchaus bereit finden, einen solchen neuen, und für sie auch besseren Weg, zu bejahen und mitzugehen.

Bliebe abschließend noch der Gedanke, wie die Eucharistiefeier am Sonntag weiterhin gewährleistet sein kann. Dazu finden Sie in dieser Ausgabe unter der Überschrift „Katholische Eucharistiefeiern auch ohne Priester“ einen bemerkenswerten Bericht einer Tagung, die dazu interessante Perspektiven eröffnen. In dem Bericht heißt es:
Die österreichische Pfarrerinitiative ruft angesichts fehlender Priester für die sonntägliche Eucharistiefeier in den Gemeinden zu „priesterlosen Eucharistiefeiern“ auf. Das hält der katholische Liturgiewissenschaftler und Theologe Prof. Dr. Franz Nikolasch für theologisch fundiert. Wenn schon allgemein das Wort Jesu gelte, „Wo zwei oder drei in meinem Namen hin versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen“, dann sei das erst recht von der „eucharistischen Versammlung“ zu sagen.


© imprimatur Mai 2012
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