Schlimmer noch als sexueller Missbrauch
Katholische Zwangssterilisationen Minderjähriger in Holland

Die Zahl von Missbrauchsfällen in den Niederlanden ist unfassbar. Tausende von Kindern wurden Opfer, und die kirchlichen Oberen haben versucht, alles zu vertuschen. Dies kann jetzt alles in einem exakten und voluminösen Bericht, nach dem Leiter der Untersuchungskommission Deetman-Bericht, genannt, nachgelesen werden.

Aber nach Abschluss dieser Aufarbeitung kamen neue unfassbare Verbrechen ans Tageslicht: katholische klerikale Heimleiter sollen, in Verbindung mit katholischen Krankenhäusern und Ärzten an Minderjährigen Zwangskastrationen zu verantworten haben. Diese Vorwürfe werden in Holland seit Wochen heftig diskutiert und finden mittlerweile auch ihre Dokumentation in großen deutschen Tageszeitungen (vgl. z.B. den Artikel „Missbrauchsskandal in den Niederlanden. Das sich mich wieder zu packen kriegen, in: FAZ vom 14.04.12).

Die neue Diskussion wurde erst jetzt, nach vielen Jahren, ausgelöst, weil ein Unbeteiligter, der von der Sache wusste, erst jetzt den Mut fand, in die Öffentlichkeit zu gehen. Das Opfer, um das es geht, ist schon lange tot. Es hatte selbst schon 1957 und 1958 Anklage erhoben, aus der aber nichts wurde, weil er in für die Täter glücklicher Weise, 1958 bei einem Autounfall umkam (was die – staatlichen – Behören dazu veranlasste, alle Unterlagen sofort zu vernichten). Den Fall fasst die FAZ, wie folgt, zusammen:

„Henk Heithuis, geboren 1935, war als Scheidungskind seit seinem ersten Lebensjahr in südniederländischen Erziehungsheimen untergebracht. Das von Mönchen geführte Vincentius-Stift in Harreveld, wo er von 1950 bis 1953 handwerklich ausgebildet werden sollte, entpuppte sich - so seine Erinnerung - als Bordell für Jungen. Dass in Harreveld nach 1950 systematisch Kinder vergewaltigt und zum Teil unter den Augen der Bevölkerung missbraucht wurden, kann man sogar im Deetman-Bericht nachlesen. Es gab zwar später zwei Verurteilungen wegen „Unzucht“. Doch der Leiter des Stifts, den Heithuis bei der Staatsanwaltschaft besonders belastete, wurde ohne Strafverfolgung schnell nach Kanada versetzt, wo er wieder ein Kinderheim für Jungen eröffnete.

Henk Heithuis jedoch, Opfer und Kläger in einer Person, wurde sein Mut zum Verhängnis: Den damals mit zwanzig Jahren noch nicht Volljährigen sperrte man zwangsweise ins „Haus Padua“, eine katholische Psychiatrie-Einrichtung in Brabant. Dort diagnostizierte man bei Heithuis schwerste seelische und sexuelle Störungen, wonach er in einem katholischen Krankenhaus - so die Akten - „als Homosexueller eugenisiert“ wurde. Zu dieser Kastration, die damals auch nach niederländischem Recht verboten war, gab es keine schriftliche Information oder gar ein Einverständnis des Opfers. Heithuis, der zur Volljährigkeit verstümmelt auf die Straße gesetzt wurde, gab später an, es seien auch etliche andere Knaben derselben Prozedur unterworfen worden. Der Arzt habe eine Schallplatte aufgelegt, um die Schreie der Jungen zu übertönen.“

So sah also dort die katholische Bekämpfung von Homosexualität aus – oder soll man eher von einem wirksamen Täterschutz sprechen? Wie viele solcher Fälle es gab, wird sich wohl niemals mehr sagen lassen. Alle Unterlagen in den damaligen Einrichtungen sind vernichtet worden. Jedenfalls scheint diese entsetzliche Praxis nicht ein ausschließlich regionales Phänomen gewesen zu sein: „Auch in der Nachbarprovinz Limburg, so kam nun heraus, gehörte es in den fünfziger Jahren zum klinischen Alltag, Minderjährige auch ohne Zustimmung der Eltern in meist katholischen Einrichtungen zu kastrieren“ (FAZ, ebd.).
Ein Kommentar erübrigt sich.


© imprimatur Juli 2012
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