Die Bischöfe der Schweiz und die Piusbrüder
Falls sich der Heilige Stuhl mit der Piusbruderschaft auf eine volle Wiedereingliederung in die Kirche einigt, hätte das weitreichende Folgen, gerade für die katholische Kirche in der Schweiz. Das sagt der Präsident der Schweizer Bischofskonferenz, Bischof Norbert Brunner, im Gespräch mit Radio Vatikan. Zwar zählte das Thema nicht zu den Hauptpunkten der jüngsten Vollversammlung der Bischofskonferenz in Einsiedeln, aber das Gespräch mit den Lefebvrianern beschäftigt die Schweizer Bischöfe sehr. In Brunners Bistum Sitten liegt Econe, der Sitz der Piusbruderschaft. Auch mit einer Spaltung innerhalb der Gruppe – ein Teil kehrt zurück, der andere Teil bleibt draußen – „hätten wir nur einen Teil des Problems gelöst“. (rv)
Jede Einigung mit Rom abgelehnt
Der französische Traditionalisten-Bischof Tissier de Mallerais, der 1988 zusammen mit drei anderen Geistlichen von Erzbischof Marcel Lefebvre unerlaubt zum Bischof geweiht worden war, lehnt in einer Predigt am 3. Juni in Paris weiterhin die Irrtümer des Zweiten Vatikanischen Konzils ab und will unbeirrt den "wahren katholischen Glauben" bekennen.
In seiner Predigt in der Kirche Saint-Nicolas de Chardonnet in Paris zog de Mallerais eine direkte Parallele zwischen den Irrlehren der ersten Jahrhunderte des Christentums und der heutigen Situation. Erst in 20 oder 25 Jahren werde man wirklich erkennen, zu welcher Katastrophe das Zweite Vatikanische Konzil (1962-65) in der Kirche geführt habe und dieses Konzil deshalb tief bereuen: "Die Priesterseminare werden vollständig leer sein, die Kirchen zerfallen, es werden überall Glaubensabfall und Immoralität herrschen."
Die Krise in der katholischen Kirche sei noch lange nicht ausgestanden, sagte
de Mallerais weiter.
Inzwischen gibt es unterschiedliche Positionen unter den Piusbrüdern, wie
man mit Rom verfahren solle.
Papst provoziert Ungehorsam
Auf dem alternativen wie auf dem offiziellen Katholikentag in Mannheim herrschten allgemein Unmut und Frustration über die Verschleppung innerkirchlicher Reformen. Im scharfen Kontrast dazu bereitet Papst Benedikt XVI. für Pfingsten offensichtlich die definitive Versöhnung der katholischen Amtskirche mit den traditionalistischen Piusbrüdern, deren Bischöfen und Priestern vor. Dies soll selbst dann geschehen, wenn die Piusbrüder, die entscheidende Konzilstexte weiterhin ablehnen, mit kirchenrechtlichen Kunstgriffen in die Kirche eingegliedert werden müssten. Davor müsste der Papst, nicht zuletzt von den Bischöfen, in aller Form gewarnt werden.
Denn:
Der Papst würde auch ungültig geweihte Bischöfe und Priester
definitiv in die Kirche aufnehmen. Gemäß der Apostolischen Konstitution
Pauls VI. »Pontificalis Romani recognitio« vom 18. Juli 1968 sind
die von Erzbischof Lefebvre vollzogenen Bischofs- und Priesterweihen nicht nur
unerlaubt, sondern auch ungültig. Diesen Standpunkt vertritt neben anderen
auch ein maßgebliches Mitglied der »Versöhnungskommission«,
Karl Josef Becker SJ, jetzt Kardinal.
Mit einer solch skandalösen Entscheidung würde sich Papst Benedikt in seiner allseits beklagten Abgehobenheit noch mehr vom Gottesvolk entfernen. Ihm sollte die klassische Lehre vom Schisma eine Warnung sein. Ihr zufolge geschieht eine Spaltung der Kirche, wenn man sich vom Papst trennt, aber auch wenn man sich vom übrigen Leib der Kirche trennt. »So könnte auch der Papst zum Schismatiker werden, wenn er nicht mit dem ganzen Leib der Kirche die geschuldete Einheit und Verbundenheit halten will.« (Francisco Suarez, maßgebender spanischer Theologe des 16./17. Jh.).
Ein schismatischer Papst verliert gemäß derselben Kirchenrechtslehre sein Amt. Zumindest kann er nicht auf Gehorsam rechnen. Papst Benedikt würde also die schon überall wachsende Bewegung des »Ungehorsams« gegenüber einer Hierarchie, die dem Evangelium ungehorsam ist, fördern. Für das schwere Zerwürfnis und den Unfrieden, den er damit in die Kirche hineintrüge, hätte er allein die Verantwortung.
Statt sich mit den ultrakonservativen, antidemokratischen und antisemitischen Piusbrüdern zu versöhnen, sollte sich der Papst lieber um die reformbereite Mehrheit der Katholiken und um die Versöhnung mit den Kirchen der Reformation und der ganzen Ökumene kümmern. So würde er einen, nicht spalten.
22. Mai 2012, Prof. Dr. Hans Küng
UNERLAUBT ODER UNGÜLTIG?
In Ergänzung zu Hinweisen im Aufruf von Dr. Hans Küng auf die
Gültigkeit der Bischofsweihen bei den Piusbrüdern erreichen uns folgende
Überlegungen zu einer liturgierechtlichen Beurteilung der Bischofsweihen
durch EB Lefebvre.
Wir geben eine Zusammenfassung wider.
In den gängigen Diskussionen um die durch EB Lefebvre erfolgten Bischofsweihen heißt es immer, dass sie aufgrund der fehlenden Zustimmung des Papstes unerlaubt gewesen seien, ihre Gültigkeit wird aber in der Regel vorausgesetzt, nicht zuletzt in den Aussagen des gegenwärtigen Papstes wie auch seines Vorgängers. Auch P. Hünermann geht in seinem Beitrag „Excommunicatio – Communicatio“ davon aus, dass die vier von EB Lefebvre am 30. Juni 1988 geweihten Bischöfe „zwar gültig, aber illegitim“ geweiht wurden. Dieselbe Auffassung vertreten alle Publikationen, die sich im Anschluss an die Aufhebung der Exkommunikation der vier Bischöfe mit diesem Thema befassten.
Sieht man sich die für Bischofsweihen geltenden liturgierechtlichen Bestimmungen näher an, so ist die Annahme der Gültigkeit der durch EB Lefebvre erfolgten Bischofsweihen mehr als zweifelhaft, mehr noch, sie sind aufgrund dieser Bestimmungen nicht nur unerlaubt, sondern ungültig.
Im Folgenden soll dafür der Beweis angetreten werden. Die Neuordnung der Ordinationsliturgie wurde durch die Apostolische Konstitution „Pontificalis Romani recognitio“ Papst Paul VI. vom 18. Juni 1968 in Kraft gesetzt. In diesem Dokument hält der Papst fest:
„Um jede Kontroverse zu vermeiden und jeder Gewissensbeunruhigung vorzubeugen, erachten Wir es für notwendig zu erklären, was in der erneuerten Liturgie als wesentlich anzusehen ist. Hinsichtlich der Materie und Form der Weiheliturgie erklären und bestimmen Wir kraft Unserer Apostolischen Autorität folgendes: …
Bei der Bischofsweihe ist die Materie die Handauflegung, die durch die weihenden Bischöfe - oder wenigstens durch den Hauptzelebranten - schweigend dem Erwählten vor dem Weihegebet erteilt wird. Die Form besteht in den Worten des Weihegebetes, von denen die folgenden wesentlich und daher zur Gültigkeit unabdingbar sind: „Gieße jetzt aus über deinen Diener, den du erwählt hast, die Kraft, die von dir ausgeht, den Geist der Leitung. Ihn hast du deinem geliebten Sohn Jesus Christus gegeben und er hat ihn den Aposteln verliehen. Sie haben die Kirche an den einzelnen Orten gegründet als dein Heiligtum, zur Ehre und zum unaufhörlichen Lob deines Namens.“
Kraft Unserer Apostolischen Autorität approbieren Wir diese liturgische Ordnung für die Feier der Diakonen-, Priester- und Bischofsweihe, die vom „Consilium“ erneuert wurde, wozu „aus den verschiedenen Gebieten des Erdkreises Fachleute herangezogen und Bischöfe befragt“ wurden, Von nun an soll sie anstelle der bisher im Pontificale Romanum enthaltenen liturgischen Ordnung bei der Feier dieser Weihen verwendet werden.
Diese unsere Bestimmungen und Vorschriften sollen nach Unserem Willen jetzt und in Zukunft gültig und wirksam sein, ungeachtet aller etwa entgegenstehenden Apostolischen Konstitutionen und Anordnungen Unserer Vorgänger und auch aller übrigen Vorschriften, einschließlich derer, die besonders zu erwähnen und eigens abzuschaffen wären.“
Aus diesem Text geht eindeutig hervor, dass die Gültigkeit der Ordinationen an die Einhaltung der Bestimmungen dieser Apostolischen Konstitution gebunden ist und dass alle vorausgegangenen entgegenstehenden Bestimmungen, auch von Apostolischen Konstitutionen dadurch aufgehoben werden…
Mit voller Absicht erfolgte die Inkraftsetzung der erneuerten Ordinationsliturgie durch eine Apostolische Konstitution, da dieser unter allen kirchlichen rechtssetzenden Dokumenten die höchste Autorität zukommt. Apostolische Konstitutionen sind gewissermaßen mit verfassungsmäßigen Bestimmungen zu vergleichen, die auch nur durch gleichwertige rechtsetzende Dokumente außer Kraft gesetzt werden können. Im vorliegenden Fall wurden die Bestimmungen der Apostolischen Konstitution „Sacramentum Ordinis“ Pius XII. durch die Bestimmungen der Apostolischen Konstitution „Pontificalis Romani recognitio“ Pauls VI. definitiv außer Kraft gesetzt. Es ist mir nicht bekannt, ob nach dem Erscheinen der Apostolischen Konstitution „Pontificalis Romani recognitio“ Pauls VI. vom 18. Juni 1968 ein rechtswirksames Dokument, - es müsste eine Apostolische Konstitution gewesen sein -, in irgendeiner Form eine Berichtigung, Ergänzung oder Aufhebung von Bestimmungen der erwähnten Apostolischen Konstitution Pauls VI. vorgenommen hätte, deren Bestimmungen über Materie und Form für die Gültigkeit der Ordinationen zum Diakon, Presbyter oder Bischof als wesentlich zu erachten sind…..
Zusammenfassend kann man sagen, dass die Rechtsverbindlichkeit der Apostolischen Konstitutionen „Pontificalis Romani recognitio“ (18.6.1968) zur Ordination, „Divinae consortium naturae“ (15.8.1971) zur Firmung und „Sacram Unctionem infirmorum“ (30.11.1972) zur Krankensalbung durch kein päpstliches Rechtsdokument, - konkret müsste es sich um Apostolische Konstitutionen handeln,- ergänzt, verändert, widerrufen oder aufgehoben wurde, sondern dass diese Konstitutionen mit allen rechtlichen Konsequenzen nach wie vor in Gültigkeit sind, d. h. dass deren Rechtsbestimmungen „ungeachtet aller etwa entgegenstehenden Apostolischen Konstitutionen und Anordnungen Unserer Vorgänger und auch aller übrigen Vorschriften, einschließlich derer, die besonders zu erwähnen und eigens abzuschaffen wären, jetzt und in Zukunft gültig und wirksam sein sollen.“
Da EB Lefebvre bei den in Frage stehenden Bischofsweihen sich hinsichtlich der „Form“ nicht an die Bestimmungen der Apostolischen Konstitution Pauls VI. gehalten hat, sondern das durch diese außer Kraft gesetzte vorkonziliare Pontificale Romanum verwendet hat, sind die von ihm vorgenommenen Ordinationen entsprechend den Feststellungen der Konstitution Pauls VI. nicht nur unerlaubt, sondern ungültig. Folgerichtig sind auch die Ordinationen zum Diakon und zum Presbyter, die von den durch EB Lefebvre ungültig ordinierten Bischöfe erfolgen, ungültig.
Dr. Franz Nikolasch, em. Univ. Prof. für Liturgiewissenschaft und Sakramententheologie in Salzburg
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