Die christliche Literatur unter arabischer Herrschaft, also im 7. und 8. Jahrhundert, ist äußerst reichhaltig. Auffallend ist, dass die Christen sich, wie bisher schon, damit beschäftigen, ihre innerchristliche Polemiken und Theologien zu entfalten, so als wäre nichts geschehen. Die neuen arabischen Herren werden kaum einmal erwähnt, und wenn, wird zu ihrer Charakterisierung auf das Alte Testament, vor allem das Buch Genesis, zurückgegriffen, in dem im Kontext der Abrahamlegenden von Hagar und Ismael die Rede ist; die neuen Herren werden als Hagarener oder Ismaeliten bezeichnet. Von Invasionen ist nicht die Rede. Nur an drei Stellen ist von ihren religiösen Auffassungen die Rede. In den noch schriftlich überlieferten Passagen erscheinen sie als Christen, wenn auch mit einer spezifischen Christologie.
6. Die Gestalt Mohammeds in christlichen Texten
Patricia Crone hat 2006 in einem Beitrag What do we actually know about Mohammed?[2] die These vertreten, der Islam sei nicht auf der Arabischen Halbinsel entstanden. Auch die recht späten muslimischen Quellen zu Mohammed hält sie für problematisch, fügt aber hinzu: „Es gibt da keinen Zweifel daran, dass Mohammed existierte.“ Sie begründet dies mit einem Verweis auf zwei christliche Texte, die im Folgenden kurz vorgestellt werden sollen.
(1) Angeblich aus dem Jahr 634, nach H. Suermann erst 640 [3], stammt eine Schrift Doctrina Jacobi nuper baptizati[4]. Es handelt sich um eine christliche und zugleich antijüdische Schrift, obwohl in ihr nur Juden auftreten; sie gibt vor, in Karthago zu spielen. Vorweg ist zu bemerken, dass nach Meinung von Vincent Déroche, der den griechischen Text kritisch ediert und mit allen anderssprachigen Überlieferungen verglichen hat, dieser Text auf uns „sous une forme irrémédiablement altérée“ [5] überkommen ist. So können Textstücke nur unter Zuhilfenahme weiterer Kriterien in die anzunehmenden historischen Kontexte eingeordnet werden.
Der anonyme Autor geht aus von einer Anordnung des Kaisers Heraklius (gest. 641) zur Zwangstaufe von Juden. H. Suermann fasst die Geschichte zusammen: „Ein jüdischer Kaufmann namens Jakob aus Konstantinopel, der nach Afrika gekommen ist, weigert sich zuerst, sich taufen zu lassen, wird aber dennoch getauft und ins Gefängnis geworfen. Im Gefängnis bittet er Gott, ihm zu zeigen, ob es gut oder schlecht war, daß er getauft wurde. Gott offenbart ihm, daß es gut war und Christus der Messias ist.“[6] Alleine schon diese schlichte und erbauliche Erzählung macht klar, was historisch von den erzählten Begebenheiten zu halten ist, nämlich gar nichts – es ist eine erbauliche Werbeschrift.
Jakob spricht daraufhin mit weiteren Juden und will sie vom Messias Jesus überzeugen. Ein anderer zwangsbekehrter Jude berichtet von seinem Bruder aus Cäsarea (Palästina); dann lässt die Doctrina Jacobi ihn sagen: „Denn mein Bruder schrieb mir, dass ein falscher Prophet erschienen sei. Als (Sergius) Kandidatus von den Sarazenen getötet wurde, war ich in Cäsarea, sagte (mein Bruder, Verf.) Abraham ... Und die Juden freuten sich (darüber) sehr. Sie sagten, dass der Prophet erschienen sei, der mit den Sarazenen kommt, und er verkündet die Ankunft des kommenden Gesalbten und Christus.“ Der Bruder fragt einen „schriftkundigen Greis“, was er von dem Propheten der Sarazenen halte. „Er sagte mir unter starkem Seufzen: ,Er ist falsch: Die Propheten kommen nämlich nicht mit Schwert und Waffen’.“ Der Greis fordert den Bruder auf, über den Propheten Nachforschungen anzustellen. Das tut er und hört von denen, die ihn getroffen haben, „dass du nichts Wahres an dem genannten Propheten findest, es sei denn Blutvergießen an Menschen. Er (der Prophet) behauptet nämlich, dass er die Schlüssel des Paradieses habe, was unglaubwürdig ist.“ [7]
Obwohl nur von einem Propheten die Rede ist und der Name Mohammed nicht genannt wird, hält H. Suermann, wie auch Patricia Crone, die Doctrina Jacobi für den „älteste(n) Text, der Muhammad erwähnt“[8]. Zwar stört er sich daran, dass der Dialog den Propheten nicht nennt und zudem noch als lebend behauptet. Muhammad und den Muslimen würden aber in der jüdischen Endzeiterwartung, wie sie die Doctrina Jacobi verrät, keine „besondere Rolle“ zugeschrieben; sie seien nur aufgefasst als „Teil der dem Weltende vorausgehenden Zerstörung“. [9]
Was ist davon zu halten? Zunächst einmal handelt es sich um einen Text, der anscheinend – anders als gemäß der Interpretation H. Suermanns – so gut wie alle religionsgeschichtlichen Zusammenhänge verkennt: Juden konnten zwar mit der Übernahme der Selbstherrschaft der Araber, also mit dem Rückzug der – judenfeindlichen – Byzantiner durchaus Hoffnungen verbinden, nicht aber mit dem „Propheten“. Darüber hinaus hat der Mohammed des traditionellen Berichts nicht den kommenden Christus verkündet, hat auch nicht behauptet, die Schlüssel des Himmelreichs zu besitzen, zog auch nicht mehr mit erobernden Sarazenen durch den Vorderen Orient.
Richtig an der Erzählung ist, dass nicht von der Arabischen Halbinsel
gesprochen wird, sondern die Nachrichten über einen Propheten der Sarazenen
in Palästina auftauchen, bei dem Bruder Abraham in Cäsarea. Es ist
wahrscheinlicher, dass die Doctrina Jacobi an das Ende des 7. Jahrhunderts,
in die Zeit der messianischen Erwartungen ’Abd al-Maliks, die sich im
Bau des Felsendoms niederschlagen, zu platzieren ist. In dieser Zeit spitzten
sich die schon älteren, mit der Danieltradition verknüpften Endzeiterwartungen
unter syrischen und arabischen Christen zu, damals wurden in Jerusalem und Damaskus,
also auch in Cäsarea, koranische Materialien bekannt, die zwar nur selten
von einem muhammad, wohl aber durchgängig von einem Propheten
sprechen. So könnte der Prophet der Sarazenen zu verstehen sein. Dass Juden
zu dieser Zeit Endzeiterwartungen der syrischen Christen, wie die Apokalypsen
zeigen, und auch der Bewegung ’Abd al-Maliks teilten, liegt nahe,
ebenso aber auch, dass sie mit der Sarazenenherrschaft Hoffnungen verknüpften,
obwohl sie mit ihr lediglich die Katastrophe der Endzeit eingeleitet sahen.
Mit dem Propheten aber, das zeigt der Dialog, konnten sie nichts Positives assoziieren;
dieser Prophet (der koranischen Materialien und der Sarazenen) widersprach dem
jüdischen Prophetenbild.
Die Rückdatierung in die letzten Jahre des Heraklius und seines Befehls zur Zwangstaufe der Juden erscheint als bewusst gewählter „Aufhänger“ der Dialoge; historisch ist er wohl kaum. Keinesfalls aber hat die Doctrina Jacobi mit dem Propheten Mohammed zu tun und spiegelt auch nicht die Verhältnisse in der späteren ersten Hälfte des 7. Jahrhunderts. Die Lokalisierung in Karthago scheint ebenfalls fiktiv zu sein und wird durch einen erzählerischen Einfall, den Bruder Abraham aus Cäsarea, sachgerecht nach Palästina verlegt.
(2) Die „Geschichte des Heraklius“ von Pseudo-Sebeos
Sebeos, dem die anonyme, unbetitelte und nur noch in einer armenischen Version erhaltene Geschichte des Heraklius später – fälschlich – zugeschrieben wurde, war um 660 Bischof von Bagratunis. Die Schrift geht auf die Geschichte zwischen 590 und 661 ein, die in einen Raster apokalyptischer Deutung eingepasst wird [10]: Die Endzeit wird eingeleitet durch die Rückkehr der Juden ins Gelobte Land; diese Rückkehr wird erreicht durch eine Allianz der Juden mit den Arabern, der „vierten Bestie“ des Danielbuchs, und einen Sieg über die Truppen des Heraklius. Der Verfasser hofft, dass die Araber bald besiegt werden.
In einem Kapitel, das je nach Edition unterschiedlich gezählt wird, bietet der Verfasser/Redaktor/armenische Übersetzer Informationen zu den Arabern, (und erstmals neben dem Mamed des Johannes von Damaskus) zu dem Prediger Muhammad und dem Bündnis der Juden mit den Arabern; diese will er von arabischen Kriegsgefangenen erhalten haben. Der hier interessierende Textteil, der damit eingeleitet wird, dass jetzt von den Nachkommen des „Sklaven“ (Ismael) gesprochen wird, lautet, in der deutschen Übertragung der französischen Übersetzung von H. Suermann:
„Sie (die Juden) nahmen den Weg in die Wüste und gelangten nach Arabien zu den Kindern Ismaels; sie baten sie um Hilfe und ließen sie wissen, daß sie der Bibel nach verwandt waren. Obwohl diese gerne an diese Verwandtschaft glaubten, konnten die Juden nicht die ganze Masse des Volkes überzeugen, weil ihre Kulte verschieden waren. [Zu dieser Zeit gab es ein Kind Ismaels, einen Händler mit Namen Muhammad; er stellte sich ihnen nach dem Befehl Gottes als Prediger, als den Weg der Wahrheit vor und lehrte sie den Gott Abrahams kennen, denn er war sehr gebildet und versiert in der Geschichte Moses. Da der Befehl von oben kam, vereinigten sich alle unter der Autorität eines einzigen zur Einheit des Gesetzes und, nachdem sie den Kult der Nichtigkeiten verlassen hatten, kamen sie zum lebendigen Gott zurück, der sich dem Vater Abraham geoffenbart hatte. Muhammad schrieb ihnen vor, von keinem toten Tier zu essen, Wein nicht zu trinken, nicht zu lügen und nicht zu huren. Er fügte hinzu: ,Gott hat dieses Land durch Eid Abraham und seiner Nachkommenschaft versprochen in alle Ewigkeit. Er hat gemäß seines Versprechens gehandelt, als er Israel liebte. Ihr nun, ihr seid Söhne Abrahams, und Gott verwirklicht an euch das Versprechen an Abraham und an seine Nachkommen. Liebt nur den Gott Abrahams, ergreift Besitz von eurem Gebiet, das Gott eurem Vater Abraham gegeben hat, und niemand kann euch im Kampf widerstehen.’][11] Also versammelten sich alle von Weiwlay (bei F. Macler: Ewiwlay; bei R.W. Thomson: Ewila) bis Sur und gegenüber Ägypten; sie verließen die Wüste Pharan in zwölf Stämme aufgeteilt, nach der Rasse ihrer Patriarchen. Sie teilten unter ihren Stämmen die zwölftausend Kinder Israels auf, tausend pro Stamm, um sie ins Gebiet Israels zu führen. Sie zogen von Lagerplatz zu Lagerplatz gemäß der Ordnung ihrer Patriarchen: Nabeuth, Keda (,) Abdiwl, Mosamb, Masmay, Idovmay, Mase, Koldat, Theman, Yetur, Naphes und Kedmay (Genesis 25, 13-15, Verf.). Dies sind die Stämme Ismaels. Sie begaben sich nach Rabbath Moab, im Territorium Rubens. Denn die Armee der Griechen kampierte in Arabien. Sie attackierten sie unerwartet, ließen sie über die Klinge springen, schlugen Theodoros, den Bruder des Kaisers Heraklios, in die Flucht und kehrten nach Arabien zurück. Alle, die vom Volk der Kinder Israels übrigblieben, kamen, um sich mit ihnen zu vereinen, und sie formten eine große Armee. Dann schickten sie eine Botschaft an den Kaiser der Griechen, die besagte: ‚Gott hat dieses Land zum Erbe unserem Vater Abraham und seinen Nachkommen nach ihm gegeben; überlaßt es uns friedlich, und wir dringen nicht in dein Territorium ein; wenn nicht, nehmen wir dir mit Wucher das ab, was du dir genommen hast.’ Der Kaiser lehnte ab und sagte, ohne ihnen eine befriedigende Antwort zu geben: ,Das Land gehört mir: dein Erbe ist die Wüste; geh in Frieden in dein Land.’“ [12]
Pseudo-Sebeos referiert in seiner Geschichte viele Einzelheiten. So meint H. Suermann auch zu unserer Frage: „Er (der Autor, Verf.) scheint recht genau über die Entstehungsgeschichte des Islams unterrichtet zu sein.“ Dennoch stellt er bedauernd fest: „… die Ortsangaben folgen mehr der biblischen Tradition als der Geographie der damaligen Zeit. Arabien ist bei Sebeos das Gebiet östlich des Sinai bis jenseits des Toten Meeres. Es ist nicht die arabische Halbinsel, sondern das Arabien des Apostels Paulus. Das Stammland der Araber ist nach Sebeos die Wüste Pharan. Diese Interpretation führt allerdings zu einem geographisch falschen Verständnis der damaligen Ereignisse.“ [13]
Das geographisch „richtige“ Verständnis wäre laut H.
Suermann das des traditionellen Berichts. Sieht man von diesen Vorgaben des
9. Jahrhunderts ab, hält sich der anonyme Verfasser an biblische Raster,
die von Genesis 25,12-18, vorgegeben sind, verfügt also in dieser Hinsicht
über keinerlei „neue“ Informationen zu den „Kindern Ismaels“.
Ebenso wenig weiß er prinzipiell über die historischen Zusammenhänge.
Dass Juden zu den Arabern zogen, ihre eigenen zwölf Stämme mit den,
laut Genesis 25,13-15, ebenfalls zwölf Stämmen der Ismaeliten vereinigten,
und mit ihnen „eine große Armee“ bildeten, widerspricht allen
möglichen historischen Abläufen.
Dennoch hat diese Geschichtsdeutung einen historischen Hintergrund. Da (Christen
wie) Juden im 6., 7. und 8. Jahrhundert von Endzeiterwartungen geprägt
waren, hat die Übernahme der Selbstherrschaft durch die Araber zunächst
bei Juden endzeitliche Hoffnungen ausgelöst. Diese gänzlich bibeltheologischen
Reflexionen des Sebeos in Kapitel 30 stehen allerdings in einem Gegensatz zu
den Ausführungen über Mohammed und seine Predigt. Dabei kommen über
das Alte Testament hinausgehende Informationen zum Zuge, vor allem der Name
des Propheten. Deswegen muss angenommen werden, dass hier eine ältere Vorlage
durch spätere Interpolationen ergänzt wurde. Die ältere Vorlage
nimmt einige Zeilen der Genesis zur Hilfe, um im Sinne der apokalyptischen Endzeiterwartung
deren baldiges Eintreten, gemäß der Danieltradition, zu schildern:
Die Juden sammeln sich zum Kampf, um im Sinne der Endzeiterwartungen Besitz
von Palästina zu ergreifen. Zu diesem Zweck verbünden sie sich mit
den Arabern, der neuen endzeitlichen Bedrohung, die aber gänzlich nach
der Vorgabe des Buchs Genesis, als Kinder Ismaels aus der Wüste Pharan,
aufgefasst werden. Fasst man die Aussagen über Muhammad aber als spätere
Interpolation, lässt sich die seltsame Disparität des Textes in Kapitel
30 erklären. Ein älteres Stück biblisch-apokalyptischer Geschichtsdeutung,
das Juden und Araber als Endzeitphänomene zusammenbringt, wird dann von
einem Abschreiber und/oder neuen Redaktor oder armenischen Übersetzer als
Aufhänger benutzt, weitere Informationen einzufügen.
Diese sind einer Zeit zuzurechnen, in der der Begriff muhammad bekannt war und mit einem Prediger und Händler verbunden wird. Die Aussagen zur Predigt Mohammeds überliefern seine Forderungen, „von keinem toten Tier zu essen, Wein nicht zu trinken, nicht zu lügen und nicht zu huren“. Diese Einzelvorschriften werden ergänzt durch Erklärungen des theologischen Konzepts Mohammeds, der „sehr gebildet“ war: die Verkündigung des lebendigen Gottes Abrahams und der „Einheit des Gesetzes“, Abschaffung eines Kultes der Nichtigkeiten, Anspruch auf Palästina, „das Gott eurem Vater Abraham gegeben hat“ – ein Anspruch, den Mohammed – und hier stimmt es wieder nicht – den Juden zusagt.
Randbemerkung
Dass dieser Prophet auch Händler war – was auch die Sira, nicht der Koran von Mohammed aussagt –, könnte auf eine alte Tradition über die Begründung des Christentums in Südarabien zurückgehen, der zufolge ein Händler in Hira Christ wurde und nach seiner Rückkehr in Nadschran missioniert hat. In der Chronik von Seert, auch Nestorianische Geschichte genannt, findet sich folgender Passus, der auf das 6. Jahrhundert verweist:
„In der Epoche des Yezdegerd gab es im Gebiet von Nadschran im Jemen einen Händler mit Namen Hannan, der in der Region gut bekannt war. Eines Tages brach er wegen Handelsgeschäften nach Konstantinopel auf und kehrte (dann) in sein Land zurück. Danach wollte er sich nach Persien begeben. Als er nach Hira kam, besuchte er häufig Christen und lernte ihre Lehre kennen. Er wurde getauft und blieb einige Zeit dort. Dann kehrte er in sein Heimatland zurück und lud die Leute ein, seinen Glauben anzunehmen. Er taufte die Leute seines Hauses und viele andere seines Landes und der Umgebung. Dann bekehrte er mit Unterstützung einiger anderer, die sich ihm angeschlossen hatten, die Einwohner von Himar und benachbarter Regionen Äthiopiens.“ [14]
Die Nestorianische Geschichte wurde im frühen 11. Jahrhundert verfasst; R. Tardy nimmt aber an, dass die Ausführungen zu Nadschran aus einem anderen Text, dem sehr viel älteren Buch der Himyariten, entnommen sind[15]. Jedenfalls könnte die Geschichte von einem predigenden arabischen Kaufmann – eine Art von „Wanderlegende“? – die Zuordnung dieses Berufs an Mohammed sowohl bei Pseudo-Sebeos wie in der Sira erklären. Ebenso könnten auch die Erzählungen des 9. Jahrhunderts, dass Mohammed Offenbarungen am Berg Hira empfangen hat, auf die oben erwähnte Lokalisierung der religiösen Neuorientierung des Kaufmanns in Hira zurückgehen. Möglich ist auch ein Einfluss markionitischer Vorstellungen von Jesus „als Kämpfer und Händler“, mit denen sich Ephräm der Syrer noch intensiv auseinander gesetzt hat. [16]
Die Ausführungen bei Pseudo-Sebeos zu Mohammed zeugen von Sympathie für
diesen Prediger und seine Lehre, zugleich wird er aber für das Gesetz und
für das jüdische Recht auf das Gelobte Land in Anspruch genommen.
Ebenso fällt auf, dass von seiner Predigt nur Motive erwähnt werden,
die im jüdischen Sinn positiv waren (abgesehen vom Weinverbot). Aussagen
dieser Art sind in einer christlichen Schrift, die die Geschichte des Heraklius
ansonsten ist, seltsam. Als Redaktor kann weder ein Christ noch ein Muslim angenommen
werden; letzterer hätte wohl kaum den Juden das heilige Land als göttlich
verbrieftes Eigentum zugesprochen. Am ehesten erklären sich die Passagen,
wenn ein jüdischer Redaktor – frühestens in den ersten Jahrzehnten
des 8. Jahrhunderts oder noch später – angenommen wird, der an der
Araberherrschaft und den Grundlinien ihrer (jüdisch interpretierten) Lehre
Gefallen fand, sie jedenfalls für besser hielt als die Griechenherrschaft,
und der dann mittels seines „Wissens“ zu Mohammed jüdische
Ansprüche formulierte.
7. Resümee
Diese wenigen Texte christlicher Zeitgenossen mögen genügen; die übrigen Quellen fügen dem nichts Relevantes hinzu.
Sie machen deutlich, dass die Frühgeschichte der arabischen Herrschaft
anders verlaufen ist – ohne Invasionen von der Arabischen Halbinsel aus.
Vor allem aber
wird die Religion der Araber von den christlichen Theologen nicht als eine neue
Religion, sondern als eine Variante des – auch sonst sehr pluriformen
– Christentums verstanden. Es scheint so, als sei dieses Christentum der
frühen syrischen Theologie und Christologie sehr verwandt, was ja auch
vom Koran bestätigt wird.
(Schluss)
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