Die Geschichte Spaniens, vor allem die islamischen Eroberungen, die nachfolgenden Reichbildungen und das Zusammenleben der drei monotheistischen Religionen (convivenzia) werden meist ohne kritische Quellenuntersuchung recht mythologisch und idealisiert dargestellt. Prof. Thomas geht den damaligen Ereignissen und Zusammenhängen, z.B. der Idealisierung der Bedingungen für die Philosophie, nach und analysiert sie.
3.2 Anmerkungen zur Mezquita/Kathedrale von Córdoba[1]
Dank der Begeisterung für die Kultur von al-Andalus gerät leicht in Vergessenheit, dass dort Bauten mit reichen Stuckarbeiten und Fresken, wie man sie bei den Omaiyaden und Abbasiden in Syrien bzw. im Zweistromland bewundern kann, ganz und gar fehlen. Offenbar waren die an spätantiken Mosaiken noch der Westgotenzeit zu bewundernde künstlerische Gestaltungskraft und die entsprechenden Kunstfertigkeiten untergegangen. Die an der sogenannten Moschee-Kathedrale von Córdoba zu bestaunenden Mosaikarbeiten des 10. Jahrhunderts konnten selbst zu dieser viel gerühmten Blütezeit der Kultur von al-Andalus noch nicht von einheimischen Kräften durchgeführt werden.
Die Rede von diesem Bauwerk als „eines vollendeten islamischen Monuments“ scheint heute selbstverständlicher Bestandteil deutscher Populärkultur zu sein, wie ein längerer Artikel von Volker Mehnert in der Frankfurter Allgemeine Zeitung belegt. Mehnert bezieht sich, wie für Reiseberichte üblich, auf die mezquita in ihrer heute zu besichtigenden Form. Also bewundert er die „muslimische(n) Künstler, (die)… Decken und Wände mit einer wahren Flut von Dekorationen (überschwemmten), die sich im Mihrab, der Gebetsnische, zu einem berauschenden Höhepunkt steigern, in ein Meisterwerk maurisch-religiöser Kunst…“ Mit dieser Eloge „muslimischer“ Künstler befindet sich der Autor allerdings selbst hinsichtlich der späten, im 10. Jahrhundert vorgenommenen Ausgestaltung der Moschee im Irrtum. Es sind christlich-byzantinische Mosaik-Spezialisten, die die Cordobeser Arbeiter anleiteten und das gesamte Arbeitsmaterial aus Byzanz mitbringen mussten. Auch die „islamische Gebetsnische“ (quibla) ist nicht so islamisch, wie der Verfasser meint. Gebetsnischen, wie man sie etwa auch im Felsendom findet, gab es in der ganzen spätrömischen Zeit und auch in westgotischen Kirchen. Auch fehlt der quibla die Ausrichtung nach Mekka.
Da alle Archäologen und Kunstgeschichtler offenbar von der Geltung der islamischen Traditionserzählung ausgehen, haben sie mit der fehlenden Ausrichtung nach Mekka natürlich ein Problem, und so zerbricht man sich krampfhaft den Kopf, um eine Erklärung zu finden, die mit der Traditionsliteratur kompatibel wäre. Nieto Cumplido hat die verschiedenen Erklärungshypothesen vorgestellt und darauf seine autoritative Deutung gegründet. Danach folgt die Ausrichtung der Cordobeser Ursprungsmoschee zwar nicht der Orientierung auf Mekka, aber doch immerhin und in etwa der Ausrichtung der Nordost- und der Südostmauer der Ka?aba in Mekka. Aber weshalb sollte man sich an diesem Gebäude orientieren, das damals in Córdoba ebenso unbekannt gewesen sein dürfte wie Mekka selbst? Das Zentrum des Omaiyadenreiches war Damaskus, und die Hauptpilgerroute führte von dort nach Jerusalem. Die Bezeichnung „Mekka“ taucht zum ersten Mal in den Jahren 201 und 203 nach den Arabern auf Münzen auf. Vorher ist es offenbar politisch, wirtschaftlich und ideologisch zu unbedeutend, um als Prägeort für Münzen bestimmt zu werden. Die spanisch-lateinische Chronik Crónica mozárabe, datiert auf das Jahr 754, siedelt Mekka bzw. macca, wie der Text sagt, dort an, wo Abraham gelebt haben soll, in Harrân im Zweistromland. In Wirklichkeit orientierte man sich beim Bau der sogenannten Gründungsmoschee an der bestehenden Bebauung, und zwar insbesondere am Straßenverlauf.
Die Argumente für einen islamischen Charakter des wundervollen Baus in
Córdoba erweisen sich so als recht fadenscheinig. Zu traditionellen Vorstellungen
von einer islamischen Moschee will nicht zuletzt auch die Tatsache nicht recht
passen, dass die Gründungsmoschee noch ohne Minarett auskommen musste.
Von der Gesamtanlage her weist der Moscheebau in Córdoba keine Ähnlichkeit
mit anderen frühen Moscheen auf. Die bestehen in der Regel aus Bauwerken,
die um einen Innenhof herum angelegt sind. Eine Ausnahme bildet die al-Aqsa
- Moschee in Jerusalem, die nach dem Vorbild christlicher Basiliken gebaut wurde.
Die Abstände zwischen den Querschiffen dieser Moschee entsprechen in etwa
denen in Córdoba. Allerdings hat Hamilton, auf dessen Studien alle weiteren
Arbeiten zur Jerusalemer Moschee gründen, gemeint, angesichts der unsicheren
Faktenlage gar keine Aussage zu den Querschiffen machen zu sollen. Sicher schien
ihm allerdings, dass in Jerusalem wie bei den christlich-byzantinischen Basiliken
allgemein die Längsachse und das Mittelschiff besonders betont waren. Beides
trifft für Córdoba zwar auch zu, aber nur in deutlich abgeschwächter
Form. Dort ist der Gründungsbau ein querrechteckiger, nahezu quadratischer
Saal mit etwa 70 Metern Seitenlänge.
Besonderes Interesse, ja Betroffenheit hat bei vielen Besuchern der Moschee-Kathedrale
die Aura des vor allem aus Säulen römischer und westgotischer Bauten
gebildeten Säulenwalds ausgelöst. Dergleichen ist weder aus spanischen
oder byzantinischen Kirchen, noch auch aus der frühen muslimischen Architektur
bekannt. Wenn diese architektonische Besonderheit den Bau aber für seine
Zeit zu einem Unikat macht, wie kann man dann sagen, es handele sich um einen
islamischen Bau?
Es gibt andererseits in Nordafrika, und zwar in vorislamischer Zeit, vor allem
Kirchenbauten, die ganz ähnlichen Bauprinzipien folgen wie die Moschee-Kathedrale
von Córdoba. Darauf hatte schon Ignacio Olagüe hingewiesen, der
aber als Falangist nicht mehr zitierfähig zu sein scheint. In der Tat weist
die gegen Ende des 19. Jahrhunderts in Karthago ausgegrabene Kirche „Damous
el Karita“ einen ganz ähnlichen Grundriss auf. Die Gründungsmoschee
in Córdoba umfasst 7 Schiffe mit jeweils 12 Jochen[2], „Damous el
Karita“ ebenfalls 7 Schiffe mit 14 Jochen. Der Hauptunterschied liegt
nur darin, dass man in Karthago die Längsachse etwas stärker betont
hatte als in Córdoba.
Hypostylhallen wie in Córdoba und Karthago gab es aber auch schon sehr
viel früher, nämlich in der pharaonischen Tempelarchitektur, u. a.
in Karnak. Sie wurden in frühchristlicher oder frühmittelalterlicher
Zeit manchmal, so etwa im Fall der Festhalle von Thutmosis III. (18. Dynastie),
in eine Kirche umgewandelt. Die Bauprinzipien solcher Hypostylhallen wurden
dann auch bei neuen Kirchenbauten des 4. und 5. Jahrhunderts in Ägypten
bzw. an der ägyptischen Mittelmeerküste übernommen und konnten
so ohne weiteres zum Vorbild für andere Kirchenbauten an der Mittelmeerküste,
etwa in Karthago werden. Natürlich ist die Cordobeser Moschee in der aktuellen
Gestalt, welche ihr die Erweiterungen bis weit ins 10. Jahrhundert hinein gegeben
haben, mit den ägyptischen und nordafrikanischen Hypostylhallen nicht mehr
zu vergleichen. Mit ihrer nun auf 1,5 Hektar gewachsenen Grundfläche und
über 600 Säulen muss sie als ein ganz und gar außergewöhnliches,
mit keinem Vorgängerbau vergleichbares Monument gelten. Der besondere Eindruck,
dem sich kein Besucher dieses Bauwerkes entziehen kann, verdankt sich also nicht
der ursprünglichen Anlage, sondern der Tatsache, dass die nachfolgenden
Erweiterungsbauten die Struktur des ursprünglichen Baus beibehalten und
konsequent fortgeführt haben.
Die viel bewunderten Doppelarkaden sind wahrscheinlich nicht schon der Gründungsmoschee
zuzurechnen, jedenfalls dann nicht, wenn man den arabischen Geschichtserzählungen
über die mezquita Glauben schenken darf. Danach hätte ’Abd er-Rachman
I. nur ein Jahr benötigt, nämlich von 779 bis 780, um die Kirche San
Vicente abzureißen und die neue Moschee zu errichten. Wenn man dagegen
stellt, dass ’Abd er-Rachman II. nach den gleichen Quellen im 9. Jahrhundert,
als den Herrschern in Córdoba ganz andere Mittel und Möglichkeiten
zur Verfügung standen, 15 Jahre benötigt haben soll, um eine Erweiterung
des Baus durchzuführen, die von geringerem Umfang als der ursprüngliche
Bau gewesen ist, liegt die Vermutung nahe, dass die an den Doppelarkaden zu
bewundernde architektonische Leistung nicht schon der äußerst kurzen
Bauzeit des 8. Jahrhunderts, sondern erst dem 9. Jahrhundert zuzurechnen ist.
Die zweifarbigen Bögen sind alternierend aus Ziegeln und Naturstein gemauert. Vorbilder für diese Technik konnte man in römischen Bauwerken wie dem Aquädukt von Mérida finden, später auch an kaiserlich-byzantinischen Bauten aus dem 6. Jahrhundert und dann auch in der Basilika von Damaskus, der sogenannten Omaiyadenmoschee. Die Hufeisenform der Bögen ist aus westgotischer Zeit in Spanien bekannt, finden sich aber früher auch schon in Syrien und in Mesopotamien. Zu ihrer kunstvollsten Gestaltung gelangen sie erst im 9. und 10. Jahrhundert. Erst jetzt ist man offenbar in Córdoba wenigstens in der Lage, unter griechisch-byzantinischer Anleitung neue Kapitelle, und zwar nach klassisch römischem Muster, anzufertigen, während in der Gründungsmoschee nur westgotische Spolien verwendet wurden. Ähnliches gilt auch für die Säulen. Auch solche Fortschritte im 10. Jahrhundert sprechen für die Zuordnung der Doppelarkaden zu einer späteren als der Gründungsepoche.
3.3 Dioskurides oder ein Fall eklatanter Fehleinschätzung des andalusischen Beitrags zu den Wissenschaften
Während im Osten des arabischen Reiches die spätantiken Traditionen fortlebten, waren sie im Westen weitgehend, wenn auch nicht völlig, untergegangen. Ab dem 9. Jahrhundert kommen hellenistisch geprägte literarische sowie philosophisch-theologische Bagdader Moden nach al-Andalus, und auch in der Textilkunst nimmt man östliche Anregungen auf. Aber noch im 10. Jahrhundert, als Córdoba nach allgemeiner Ansicht die bedeutendste und reichste Stadt Europas war, musste der erste andalusische Kalif, ’Abd er-Rachman III., als er vom Kaiser in Konstantinopel die Materia Medica des Dioskurides, das bedeutendste pharmakologische Werk der Griechen, als Geschenk erhielt, um die Nachsendung eines Übersetzers bitten, der die Bezeichnungen der Pflanzennamen für Andalusier lesbar machen könnte. Der Kaiser entsprach diesem Wunsch und schickte einen Mönch namens Nikolaus. Man verfügte in Córdoba zwar bereits über die Übersetzung aus dem 9. Jahrhundert eines Griechen namens Stephanos, die dessen Lehrer, Hunain Ibn Ishaq, bearbeitet hatte, aber es waren noch nicht für alle griechischen Bezeichnungen arabische Termini gefunden worden oder doch jedenfalls keine Termini, die man in Córdoba verstanden hätte. Hunain Ibn Ishaq selbst musste sich allerdings damit ausgekannt haben, denn er hatte zuvor bereits alle Schriften des berühmtesten griechischen Mediziners, Galen, übersetzt, und der hatte sich bereits auf Dioskurides gestützt. Möglicherweise waren viele Termini in der Übersetzung Hunain Ibn Ishaqs eben noch gar keine arabischen, sondern aramäische Wörter, die man noch im Osten, aber nicht im Westen verstand. Hunain Ibn Ishaq hat ja die arabische Sprache überhaupt erst zu einer Wissenschaftssprache gemacht. Wegen der Probleme einer Übertragung aus dem Griechischen ins Arabische lehnte er sich bei seinen Übersetzungen an zuvor von ihm selbst vorgenommene Übersetzungen in eine bereits seit langem hoch entwickelte semitische Wissenschaftssprache an, nämlich das Aramäische.
Ein international angesehener Historiker arabisch-islamischer Wissenschaft wie Juan Vernet sieht in der Beschäftigung mit Dioskurides nun einen wichtigen Beleg für das, was die westliche Kultur den muslimischen Arabern von al-Andalus verdankt. Dabei stört ihn offenbar nicht, dass man in Córdoba alles, was die Beschäftigung mit der Materia Medica möglich machte, der freundlichen Hilfe des christlichen Kaisers in Konstantinopel schuldete. Auch stört ihn nicht, dass Hunain Ibn Ishaq nicht nur kein Andalusier, sondern überhaupt kein muslimischer Araber war. Was er nämlich nicht erwähnt: Hunain Ibn Ishaq war ebenso wie sein Lehrer Bochtiso Christ, und beide lehrten in Gundeschapur, wo es ein christlich geführtes Krankenhaus und eine christliche Universität noch im 9. Jahrhundert gab.
Im Übrigen ist völlig unbekannt, was aus dem Cordobeser Dioskurides geworden ist. Das früheste in Spanien, nämlich in der Bibliothek von San Lorenzo del Escorial aufbewahrte Manuskript stammt aus dem 10. Jahrhundert und wurde in Italien geschrieben. Manuskripte der Materia Medica in griechischer, lateinischer und arabischer Sprache waren überhaupt das ganze frühe und späte Mittelalter über im Mittelmeerraum bekannt. Der Dioskurides benötigte keine andalusischen oder arabisch-islamischen Übermittler. Er war stets präsent geblieben.
Die pro-arabische Propaganda von Wissenschaftshistorikern wie Vernet hat andererseits natürlich auch eine Basis in der Realität. So kann kein Zweifel daran bestehen, dass die antiken Traditionen im Bereich der Medizin in ihrer Vielfalt und in ihrem gewaltigem Umfang von Arabisch schreibenden Autoren aufgegriffen und dadurch weiter gegeben worden sind. Was aber bei der Darstellung dieser Vermittlungsleistung in aller Regel und eben auch bei Vernet nicht beachtet wurde: Die arabischen Autoren haben das Grundprinzip Galens, des griechischen Begründers der neueren medizinischen Entwicklungen, nämlich die Konfrontation aller theoretischen Überlegungen mit der empirischen Evidenz, nicht ernst genommen und höchstens rhetorisch aufgegriffen. Dadurch haben sich viele Bereiche der Medizin nicht weiter entwickelt, sondern erfuhren gar Rückschritte.
Ein weiteres Beispiel für wenig realitätsnahe Züge der pro-araboislamischen Propaganda liefern auch Studien zur späteren Rolle der arabischen Medizin in Spanien. So schreibt García Ballester in seiner Historia social de la medicina en la España de los siglos XIII al XVI[3] , das arabische und griechische Schrifttum zur Medizin, das sehr viel reicher gewesen sei als das der lateinischen Universitäten, habe noch im 15. und 16. Jahrhundert unter Muslimen und Juden zirkuliert. Aber dass es außer im Besitz von Juden auch in dem von Muslimen gewesen sei, ist bloß seine Vermutung und überhaupt nicht belegt[4]. Muslimisch war an diesen Texten und ihrer Verwendung also gar nichts. Nur die Sprache war Arabisch.
3.4 Das vermeintlich glückliche al-Andalus der Stammesverbände
Die idyllisierende Verklärung von al-Andalus hat in den letzten Jahrzehnten einen erneuten Auftrieb durch Pierre Guichard erfahren[5]. Die von ihm entworfene Theorie einer egalitären Stammesgesellschaft in al-Andalus hatte die Qualität einer Kulturrevolution. Jedenfalls beflügelte sie die Forschung, die archäologische ebenso wie die historische, in einem bis dahin nicht gekannten Ausmaß. Der Markt wurde überflutet von unzähligen archäologischen Studien und neuen, an Guichard anknüpfenden historischen Arbeiten[6]. Sie ließen das Bild einer friedlich und liebenswert-egalitaristisch zusammen lebenden Bevölkerung in al-Andalus entstehen, die dann im Verlaufe einer karikatural gezeichneten, von finsteren Mächten, d.h. von Mönchen, Nonnen, Rittern und Feudalherren getragenen Reconquista ins Unglück gestürzt wurde.
Argumente gegen solchen märchenhaften und ideologisierenden Unsinn liegen reichlich auf dem Tisch[7] , aber weite Teile der spanischen Islamwissenschaft ebenso wie der Politik finden den Ausblick auf eine vermeintlich ungetrübt idyllische „convivencia“-Vergangenheit offenbar doch zu verlockend, um kritische Einwände goutieren zu können. Die lauten etwa: Ein für damalige Verhältnisse ziemlich straff geführter und verwalteter Zentralstaat konnte sich auf dem Boden von Stammeskulturen überhaupt nicht entwickeln[8]. Außerdem folgen Guichards Vorstellungen über egalitäre Formen des Lebens in Stammesverbänden den Illusionen einer erfahrungsgemäß auch nicht immer ganz interesselosen anthropologischen Literatur des 20. Jahrhunderts. Danach sind die Strukturen beduinischer Stämme immer und überall gleich, was zu der irrigen Meinung führte, aktuelle Stammesstrukturen etwa auf der arabischen Halbinsel oder im Sudan seien eins zu eins auf die Stammesverhältnisse im Maghreb des 8. Jahrhunderts und in al-Andalus zu übertragen[9]. Nicht zuletzt gibt es für die von Guichard und anderen als Beleg für die Stammesstrukturen angeführten Bau- und Siedlungsformen in al-Andalus, insbesondere Burgen in Verbindung mit dörflichen Strukturen, also den sogenannten hisn/qarya-Komplex, zwar vorislamische Zeugnisse, aber keine Vorbilder in Syrien oder im berberischen Nordafrika. Auch sind nicht überall dort, wo arabische und berberische Siedlungen festzumachen sind, auch Burgen nachweisbar. Überhaupt waren die Berber-Ansiedlungen auch im Maghreb keineswegs Stammesorganisationen, die, wie Guichard meinte, auf Blutsverwandtschaft und Endogamie basierten. Vielmehr sind es übereinstimmende politische und wirtschaftliche Interessen, die zur Gruppenbildung führten. Damit entfällt jede Grundlage für eine Verknüpfung der archäologischen Befunde mit einer genealogisch definierten Stammesstruktur. Die weitaus häufigsten Vorkommen von Burgen gibt es im Übrigen ab dem 10., als sich die Zentralregierung mit dem ersten Kalifat eindrucksvoll stabilisiert, und dann vor allem unter den Almoraviden- und Almohaden im 11. bis 13. Jahrhundert. Sie sind also Ausfluss nicht von Stammesstrukturen, sondern von Interessen jeweiliger Zentralregierungen und dienen eindeutig der territorialen Verteidigung.
(wird fortgesetzt)
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