Ein Bischof sieht nur noch Missbrauch

Bischof Huonder (Schweiz) erinnert Priester und Gläubige an die Gottesdienstregeln und ihre Pflichten. Seine Äußerungen im Hirtenbrief haben die Generalvikariate Zürich-Glarus sowie Urschweiz auf den Plan gerufen. Huonder finde kein gutes Wort an der Feier des Gottesdienstes, kritisierten sie in einem Communiqué.

Thomas Binotto, Chefredaktor von «Forum», der katholischen Kirchenzeitung im Kanton Zürich, geht mit Bischof Huonder scharf ins Gericht. In einem Interview mit dem Schweizer Fernsehen spricht er von Huonder als einem „selektiven Fundamentalisten“ und rügt den Hirtenbrief, der über 20 Missstände und Missbräuche im Zusammenhang mit der sonntäglichen Eucharistiefeier anklagt. Dazu gehörten Predigten über kirchenpolitische Themen, Predigt im Dialekt, Predigten, die nicht von Priestern und Diakonen gehalten werden. Huonder vermittle den Eindruck, dass die Liturgie flächendeckend nur noch missbräuchlich gefeiert werde. „Das ist alles andere als ermutigend. Ich bin zudem überzeugt, dass nur wenige Klagen eingehen und von den immer gleichen Leuten. Dies jedenfalls haben mir schon mehrere Schweizer Bischöfe bestätigt. Es handelt sich hier ganz bestimmt nicht um den größten Notstand, an dem die katholische Kirche leidet.“

Ganz bedenklich finde er weiter, dass Bischof Huonder die Gläubigen praktisch zur Denunziation auffordert. Er lade die von Missbräuchen betroffenen Gläubigen dazu ein, mit den Personen vor Ort zu sprechen, sagt er zwar, fügt aber gleich hinzu, er könne niemandem das Recht verwehren, sich direkt an den Bischof oder an die römischen Behörden zu wenden. Das kommt einer Aufforderung zur Denunziation gleich und stiftet zu Verhaltensweisen an, die einer kirchlichen Gemeinschaft unwürdig sind.

Auf die Frage, ob nicht jede Modernisierung auch „Missbräuche“ voraussetze, sagt Binotto:

„Modernisierung ist eine permanente Notwendigkeit. Kirche lebt und manifestiert sich immer in der Gegenwart. Sie lebt weder in der Vergangenheit noch in der Zukunft. Wir Katholiken betonen ja gerade in der Liturgie die Gegenwart von Jesus Christus. Das sagt doch eigentlich schon alles. Natürlich lebt die Erneuerung immer von der Spannung, dass einerseits Menschen in der Kirche einen mutigen Schritt tun, manchmal auch gegen den Willen der Kirchenleitung und andererseits dem guten Willen, die Einheit nicht zu verlieren und gemeinsam vorwärts zu kommen. Genau diese Spannung hat im Laufe der letzten zweitausend Jahre immer wieder konstruktive Diskussionen ausgelöst, aus denen Reformen möglich wurden. Erneuerung ist in der Kirchengeschichte nie von oben herab diktiert worden. Es hat immer auch den Druck von unten gebraucht.“

Auf die Pfarrei-Initiative in der Schweiz angesprochen heißt es:

Mit der Pfarrei-Initiative verlangen über 400 Seelsorger der Schweiz Reformen in der katholischen Kirche. Für sie sei es zum Beispiel selbstverständliche Praxis, auch Christen anderer Konfessionen, wiederverheirateten Geschiedenen oder Homosexuellen Platz zu geben und Laien mehr Verantwortung zu überlassen. Ziel der Initiative sei es, die Pfarreien mit diesen Anliegen besser zu vernetzen.

Was die Zukunft der Kirche angeht antwortet Binotto auf die rückwärts gerichete Politik Huonders:

„Eine Kirche mit Zukunft kann nur eine Kirche sein, die für alle Menschen da ist, und ganz besonders für jene Menschen, die es im Leben schwer haben. Sie muss eine diakonische Kirche sein, also eine Kirche, die den Menschen hilft. Daran müssen sich Menschen erinnern, wenn sie das Wort «Kirche» hören. Denn das ist die Botschaft und der Auftrag des Evangeliums. Struktur ist die Form, Liturgie der Treibstoff, aber das Ziel ist das Wohl der Menschen. Meiner Ansicht nach, ist es deshalb notwendig, dass ein Bischof tief verankert ist in seinem Bistum, und nah bei den Menschen, mit denen er unterwegs ist. Ein Mitwirken des Kirchenvolks bei der Bischofswahl wäre dafür ein Zeichen.“


© imprimatur Dezember 2012
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