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45. JAHRGANG
 
4 . Februar 2012


INFORMATIONSDIENST DER ARBEITSGEMEINSCHAFT VON PRIESTER- UND SOLIDARITÄTSGRUPPEN IN DEUTSCHLAND (AGP) 2012 / 1

„Arme und Bedrängte“ – Vergessene in Kirche und Welt ?
Gaudium et spes: Anstoß zur Rechenschaft 2012

Wie die Überschrift diese Artikel lautet das Thema der nächsten AGP - Jahresversammlung (28.-30.5.12). Mit ihm wollen wir auf das Zweite Vatikanische Konzil zurückschauen, aber vor allem eine zentrale Botschaft dieser Kirchenversammlung angesichts der zwischenzeitlichen Entwicklungen und gegenwärtigen Situation auf den Prüfstand stellen und nach heute notwendigen Konsequenzen fragen.

Die Pastoralkonstitution „Gaudium et spes“ wird vielfach als das wichtigste Dokument des Konzils bezeichnet. In ihm, dem am heftigsten umstrittenen und zuletzt beschlossenen Text, spiegele sich nämlich die gesamte theologische und pastorale Entwicklung während der Konzilsperiode wieder. Ob diese Qualifizierung stimmt, hängt sicher auch davon ab, welches Thema des Konzils man für das wichtigste hält – für eine solche Rangliste bieten sich ja verschiedene Stichworte an: Religionsfreiheit, Volk Gottes, Kollegialität, Verhältnis zum Judentum und zu den nichtchristlichen Religionen, Ökumene. Sicher aber beginnt die Pastoralkonstitution „Die Kirche in der Welt von heute“ mit einem Text, der so häufig wie kein anderer – für die einen bis zum Überdruss, für die anderen als gefährliche und somit notwendige Erinnerung – zitiert wird (also auch hier!): „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi.“ (GS, 1)

Auf der AGP - Jahresversammlung werden wir also zunächst einen Blick auf „Gaudium et spes“ werfen. Äußert sich in diesem Text ein recht zeitgemäßer, aber ebenso zeitbedingter und durch seine Grenzen und Defizite schon mit einem impliziten Verfallsdatum versehener Fortschrittsoptimismus? Spiegelt er die große Hoffnung gegen alle Hoffnung oder doch nur leichtfertige und darum trügerische Wünsche? Und noch schärfer: Ist er in seiner Vollmundigkeit als Behauptung – und nicht zunächst und vor allem als Kennzeichnung eines schwerwiegenden Versäumnisses und als unverzichtbare Anforderung – nicht eine schiere Lüge? Zeigt nicht nur die gesellschaftliche, sondern auch die kirchliche Wirklichkeit das genaue Gegenteil: die Armen und Bedrängten als die Vergessenen, „Übergangenen“ – mit den Füßen Getretenen? Was aber war das „Neue“, das man so von der Kirche nicht erwartet hatte und darum aufmerken ließ und bis heute gleichsam Motto und Motivation für viele Christinnen und Christen bleibt, um sich für die „Arm-Gemachten“ einzusetzen?

Natürlich gehört zu einer Auseinandersetzung auch die Frage nach der Wirkungsgeschichte des Textes bzw. seiner Absichtserklärungen und Forderungen. Wie steht es mit der Umkehr der Kirche hin zu den „Armen und Bedrängten“ in Wort und Tat? Wie um die Unterstützung sozialer Bewegungen für Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung? Wie um die Bereitschaft und Fähigkeit kirchlicher Autoritäten, sich in die gesellschaftlichen und politischen Debatten einzumischen zugunsten „der Menschen von heute“? Stecken diejenigen, die sich heute für eine „Kirche der Armen“ einsetzen, immer noch - wie eine kleine Minderheit von Bischöfen 1965 beim Katakombenpakt in Rom - in den Katakomben von Kirche und Welt, weil sie in der Aulen von Synoden und Politikerkonferenzen kein Gehör finden?

Diese Fragen verdeutlichen, dass es bei unserem Blick auf einen Konzilstext nicht um ein beliebiges Fallbeispiel für das Problem einer angemessenen Hermeneutik von Konzilsaussagen geht, nicht um eine wissenschaftstheoretische Auseinandersetzung – so wichtig diese im Gesamtkontext heutiger binnenkirchlicher Diskussion über das Verständnis des Vatikanums II ist – sondern um eine höchst praktische, konsequenzenreiche, (kirchen-)politische Frage.

Wenn es aber um heute notwendige Konsequenzen gehe soll, dann werden wir einen möglichst stimmige Analyse unserer gegenwärtigen Situation anstellen müssen. „Krise“ ist das beherrschende Kennzeichen unterschiedlicher Wirklichkeitsbereiche: ökologische Krise, Finanz-, Währungs-, Wirtschaftskrise – und davon sicher nicht unabhängig: z.B. Werte-, Orientierungs-, Glaubens-, Kirchenkrise. Worin liegen die Ursachen für diese auf den ersten Blick so verschiedenartigen und doch zusammenhängenden Krisen? Welches sind ihre herausragenden Phänomene? Da wir uns als kirchliche Gruppen mit diesen Problemen befassen, ist natürlich auch die Frage nach der Rolle der Kirche unabdingbar. Wie ist sie in diese Krisen involviert? Ist sie – gewollt oder nicht – Steigbügelhalterin für die Ideologen eines angeblich alternativlosen Kapitalismus? Gräbt sie sich also selbst das Grab, aus dem der Kapitalismus als Religion „aufersteht“? Ist sie machtlos angesichts übermächtiger Kräfte des sogenannten freien Marktes und damit entschuldigt? Ist sie andererseits Profiteurin politischer und wirtschaftlicher Systeme oder auch deren Opfer? Vor allem aber: Wer sind die „Menschen-Opfer“, deren Zukunft und Hoffnung, deren Lebensgrundlage zerstört wird?

Angesichts der Wucht der Probleme und Krisen und wegen der offensichtlich weit verbreiteten Ratlosigkeit der „Verantwortungsträger“ (eine Ratlosigkeit, die für sich ja nicht „ehrenrührig“ ist, die aber durch ständig neue Erklärungen und „Versicherungen“ eher entlarvt als kaschiert wird) ist die Frage nach möglichen Auswegen nur mit einer gehörigen Portion an Beklemmung zu stellen. Welche könnten das sein? Was ist zu tun? Oder hat die Fahrt in die falsche Richtung schon ein solches Tempo aufgenommen, dass alle (Schulden-) Bremsen nichts mehr ausrichten können und sie unausweichlich in der Katastrophe enden muss? Andererseits hat nicht zuletzt Johannes XXIII. vor den Unglückspropheten gewarnt und sollte die Kirche mehr zu bieten haben, als die entsprechenden Untergangsszenarien nur noch mehr mit höllischen Farben zu unterlegen oder auszumalen.

Wenn die Kirche, wenn die einzelnen Gläubigen und die Gemeinschaften, in denen sie sich zusammenfinden, nicht in die Lieder falscher Chöre einstimmen, aber auch nicht in die Starre einer Wort- und Tatenlosigkeit verfallen dürfen, dann ist zu klären, welche Worte, welche Botschaft heute Not tut. Welche inhaltlichen Akzente müsste eine Erklärung „Gaudium et spes“ im Jahre 2012 setzen, zu welchen Entscheidungen, zu welchen Schritten müsste sie Kirche und Welt - und in ihnen natürlich jeden verantwortlichen einzelnen Menschen - unmissverständlich auffordern? Welche Auswege müssten aufgezeigt und beschritten werden?

Die AGP-Regionalkonferenz NRW stand nicht nur vor der Aufgabe, ein dem Datum des Konzils-„Jubiläums“ und ein den Zeitumständen entsprechendes Thema zu finden, sondern dann vor dem fast noch größeren Problem, einen Referenten zu finden, der dessen Komplexität gerecht werden könnte. Wir sind darum sehr dankbar, dass unser „Erstwunsch“ in Erfüllung gegangen ist: Wir konnten Herrn Prof. em. Dr. Friedhelm Hengsbach, SJ für unsere Jahrestagung gewinnen. Der ehemalige Professor für Gesellschaftsethik an der Hochschule Sankt Georgen, Frankfurt a.M., und langjährige Leiter des Oswald von Nell-Breuning-Instituts für Wirtschafts- und Gesellschaftsethik wird sicher auch in unserem Kreis mit den für ihn charakteristischen eindeutigen Worten und klaren Analysen nicht hinter dem Berge halten und sich auch nicht mit der Situationsbeschreibung begnügen. Das folgende Zitat aus einem Interview, das er zum Jahrewechsel gab, zeigt wohl, wie gut Hengsbach zu uns und zu unserem Thema „passt“:

„Pater Hengsbach, in der Vorbereitung dieses Gesprächs kam ich auf die Formel, Sie sind eigentlich der erste deutsche Befreiungstheologe.

Das ist natürlich sehr hoch gegriffen, aber ich gebe zu, dass ich nach einer katholisch-kirchlichen Sozialisation stark durch das Zweite Vatikanische Konzil, das ich als Student miterlebt habe – und außerdem durch die lateinamerikanische Theologie der Befreiung inspiriert worden bin. Das heißt erstens, dass der theologische Wissenschaftler eine Option für die Armen ergreift, dass er einen Standort bezieht, von dem aus er gesellschaftliche Verhältnisse der Ausbeutung und Unterdrückung diagnostiziert und nach entsprechenden Auswegen sucht. Das heißt zweitens, dass der Glauben nicht einfach als „denken“ oder „für wahr halten“ im Sinne des Selbstverständnisses einer bürgerlichen Elite begreift, sondern als eine Praxis, die sich ausdrückt im Engagement für Gerechtigkeit. Das ist auch die Leitidee der Jesuiten – dass nämlich Glaube und Gerechtigkeit zwei Seiten einer Medaille sind.“

1994 hat die AGP vor dem Hintergrund der damaligen kirchlichen und politischen Situation einen Text veröffentlicht. Er war überschrieben: „Bekehrung und Reform“ (s. E. Utsch, C.-P. Klusmann Hg.?, Dem Konzil verpflichtet – verantwortlich in Kirche und Welt, S. 8 – 14). Das scheint auch heute das Mindeste.

Ut.

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„Ein origineller Beitrag…

…zur Geschichte der Rezeption des II. Vatikanum in Deutschland“ – so beurteilt ein Rezensent der Zeitschrift „Laval théologique et philosophique“ (Universität Québec / Canada) das im vergangenen Jahr erschienene AGP-Buch. Es ist die wohl eingehendste Besprechung, die bisher erschienen ist, in weiten Teilen sogar eine kritische Analyse. Wir dokumentieren hier einige Passagen, die sich auf drei interessante Aspekte beziehen: einmal auf die aktuelle Frage nach einer angemessenen Hermeneutik des Konzils, dann auf das Verständnis der AGP vom Zusammenhang einer Ekklesiologie ad intra und ad extra – u.a. wichtig für die Probleme, die auf der nächsten AGP-JV zur Debatte stehen – und schließlich auf Überlegungen zur Entstehung, Rolle und Arbeit unserer Gruppen.

„Es ist kaum möglich, den Inhalt dieses Buches zusammenzufassen; zu verschieden ist die Situation der Gruppen in den einzelnen Diözesen und zu zahlreich die im Lauf der Zeit berührten Fragen, seien sie spezifisch für die deutsche Kirche oder darüber hinaus. Dennoch verdienen einige Aspekte festgehalten zu werden, denn sie weisen zurück auf hermeneutische Fragen der Rezeption des Vatikanum II. Gewisserweise berühren diese Fragen die Tatsache, dass die Rezeption durch das Konzil nicht zwangsläufig durch dieselben Personen realisiert wurde wie die Rezeption des Konzils. Wenn das II. Vatikanum Früchte mehrerer Generationen christlichen Lebens ernten konnte, so gilt das nicht gleichermaßen für die Nachkonzilszeit, wo eine junge Generation - und im Fall Deutschlands speziell die erste Nachkriegsgeneration - den Blick ganz natürlich auf die Zukunft richtete. Diese Zukunftsorientierung geschieht jedoch nicht ohne eine bestimmte Deutung der jüngsten Geschichte, verschieden je nach Generation und auch unterschiedlich innerhalb derselben. So muss hervorgehoben werden, dass schon in der Einführung des Werkes die Herausgeber „den Hunger nach Erneuerung“ (S.1) in der deutschen Nachkriegsgesellschaft, der den Weg zur Rezeption des Vatikanum II bereitete (vgl. z.B. S.95 einige lehrreiche Anmerkungen über die „Erfahrungen der Vorkriegsgeneration“ in der Diözese Essen) in Beziehung setzen zu der engagierten und teilweise ungeduldigen Rezeption des Vatikanum II in einer Gesellschaft, die ihren Gewissheiten aus der Nachkriegszeit schnell entwachsen war. Die Rezeption des Vatikanum II in Deutschland hat sich also abgespielt im Kontext der „68iger“ (und darüber hinaus); es kreuzen sich dabei auf ziemlich komplexe Weise die verschiedenen Sichten auf die jüngste Geschichte und auf die Zukunft.

Dass dieser Sammelband ein Panorama einiger der großen Diskussionen bietet, die nach dem Konzil inmitten der katholischen Kirche in Deutschland stattgefunden haben, hat damit zu tun, dass die Priester (und Laien), die in den verschiedenen Gruppen engagiert waren, sich zu zahlreichen Fragen der Kirche und der Gesellschaft geäußert haben. Was man sofort bemerkt, ist, dass es nicht passend ist, hier (wie auch sonst) zwischen Ekklesiologie ad intra und ad extra zu unterscheiden. Es handelt sich dabei vielmehr um die zwei Seiten ein und derselben Medaille; denn auch wenn über Strukturfragen der Kirche debattiert wird - und der vorliegende Band zeigt, wie lebendig diese Debatte sein konnte - zeigt sich doch, dass die Teilnehmer an dieser Debatte sich getrieben sehen von der Sorge, den Glauben auf prophetische Weise und solidarisch mit der Welt zu leben. Wenn auch nicht jedermann alle Forderungen der „Priester- und Solidaritätsgruppen“ unterschreiben mag - und aus dem zeitlichen Abstand sind die Einseitigkeiten auf allen Seiten leichter zu bemerken als inmitten der Debatte selbst - so zeigen doch nichtsdestoweniger die in den verschiedenen Beiträgen erwähnten Fragen, dass die nachkonziliare Ekklesiologie keine andere Wahl hat als diejenige einer Kirche in der Welt zu sein, welche Antwort auch immer man auf die verschiedenen Fragen geben möchte.

Einige betrachten die in diesen Gruppen aktiven Priester als „contestataires“, d.h. als Protestler oder Widerständler. Sie selbst definieren sich jedoch eher im Sinn des Ideals einer „kritischen Loyalität“ innerhalb der Kirche. (Diese Formulierung findet sich z.B. in dem Bericht über die Gruppe der Erzdiözese Paderborn, S. 132). Allein die Existenz dieser Gruppen verweist jedenfalls auf die ekklesiologisch durchaus tiefer reichende Frage, wie die Diskussion in einer Kirche strukturiert sein sollte, die sich als Gemeinschaft versteht.

Wenn man die Berichte über die in den Diözesen bestehenden Gruppen liest, wobei man ihre jeweilige Ausgangssituation und ihre sehr heterogene Entwicklung berücksichtigen muss, kommt man zu der Auffassung, dass sowohl innerhalb „der Kirche“ als auch in ihrer Beziehung zu „der Welt“ (um zwei Schlüsselbegriffe des Buchtitels aufzugreifen) viel davon abhängt, was man „Gesprächskultur“ nennt, das heißt eine offene und loyale Kultur des Dialogs. [...]

Weniger leicht, als es scheint, ist es, Schlussfolgerungen aus der Tatsache zu ziehen, dass einige der Gruppen auf eine bestimmte Generation beschränkt sind. Sicher hat das allgemeine Klima Ende der 60iger Jahre fast überall die Entstehung solcher Gruppen begünstigt. Jedoch einige Arbeitshypothesen würden es verdienen, näher überprüft zu werden; drei davon sollen als Beispiel dienen. Erstens war die Zahl der Priesterweihen schon seit den 50iger Jahren rückläufig. Nichtsdestoweniger blieb der Werdegang eines katholischen jungen Mannes hin zur Ordination noch plausibel, obwohl diese „natürliche“ Plausibilität dazu tendierte, immer schneller zu verschwinden. Die Glaubens-Biographien junger Katholiken gestalteten sich immer weniger, und zwar aus vielfachen Gründen, nach den typischen Werdegängen des berühmten „katholischen Milieus“, und sie traten immer seltener in eine institutionalisierte Laufbahn ein. Dies bedeutete nun nicht notwendigerweise, dass deren gesamter späterer Lebensweg sich mit allem, was sie bejahten und in Frage stellten, außerhalb der Kirche vollzog, sondern dass er vielmehr außerhalb ihrer offiziellen Einrichtungen und Institutionen verlief (zumindest außerhalb derjenigen, die durch die Verantwortlichen als solche anerkannt waren). Die Tatsache, dass die Gesellschaft in ihrer Gesamtheit sich immer mehr und immer schneller diversifizierte, hat sicher eine gewisse Zersplitterung der jungen Katholiken (die durchaus nicht unbedingt aufhören wollten, es zu sein) verstärkt. Anscheinend konnte keine der traditionellen Formen katholischer Sozialisierung mehr ein Gegenmittel gegen diese Pluralisierung sein. Halten wir fest, dass die „Priestergruppen“ ihrerseits an einem Wendepunkt dieser komplexen Entwicklung einzuordnen sind. Zweitens, und dies nach einer Hypothese der Paderborner Priester (S. 131), behindert die Professionalisierung der Pastoral (die bei aller gewiss wünschenswerten Spezialisierung doch dem Risiko, das Ganze aus dem Blick zu verlieren, begegnen muss) und der Rückgang der Priesterzahl den Einsatz von Zeit und Energie in dieser Art von Gruppen. Umgekehrt können wir die Überlegung weiterführen, indem wir darauf hinweisen, dass die Existenz zahlreicher sehr unterschiedlicher Gruppierungen dazu beitragen konnte, das Ganze der Kirche aus dem Blick zu verlieren, und dies oft gegen die ursprünglichen Absichten der meisten dieser Gruppen. Drittens - und dies betrifft sowohl die historische Forschung zum II. Vatikanum als auch seine Rezeption - müsste es darum gehen, ein hermeneutisches Werkzeug zur Messung und Analyse der Auswirkung von Rezeptionen und Enttäuschungen sowohl inmitten der verschiedenen Gruppen als auch unter den „normalen Gemeindemitgliedern“ zu finden. Dies wird sich zweifellos als eine äußerst schwierige Aufgabe herausstellen; und man kann sich fragen, ob sie überhaupt realisierbar ist, obwohl sie bis zu einem gewissen Punkt wesentlich zu sein scheint für das Verständnis bestimmter Elemente der Rezeptionsgeschichte des II. Vatikanum. Denn, unabhängig von unserer eigenen Position gegenüber den diversen Bestrebungen, die, aus welchen Gründen auch immer, „enttäuscht“ wurden: Zum Verständnis der Rezeption des II. Vatikanum müsste man auch in Betracht ziehen, was nicht verwirklicht worden ist, obwohl man es sich vorgenommen hatte. In diesem Sinn zeigt der auf den ersten Blick disparate Charakter des Buches, dass, auch wenn die Veröffentlichung des Bandes nur einen ersten Schritt darstellen kann, dieser jedenfalls nützlich und sogar notwendig ist.“

MICHAEL QUISINSKY

(aus Französ. übers.: G. Keine)

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