Kirchenstruktur und Reformen

Anlässlich des anstehenden Pontifikatswechsels ist viel von Erwartungen an das nächste Pontifikat in Sachen Kirchenstrukturen und Reformen die Rede. Manche meinen, dies zeuge von einem Mangel an Spiritualität und von einer falschen Fokussierung auf strukturelle Fragen.

In der Konzilsaula war ebenfalls viel von Kirchenstrukturen die Rede. Man wird den Konzilsvätern nicht generell absprechen, dass sie spirituelle Menschen waren und in ihren Ortskirchen für die Verkündigung des Glaubens Sorge trugen. In der Konzilsaula thematisierten sie aber nicht zuletzt strukturelle Fragen. Um die Rolle der Ortskirchen sowie der Bischofskonferenzen und um die Bedeutung von Kollegialität wurde sogar regelrecht gestritten. Anliegen dahinter ist die Eröffnung von Räumen, in denen der Glaube in kulturell zugänglichen Formen und in vielfältigen Spiritualitäten gelebt werden kann.

Dass aktuell der Pontifikatswechsel den Blick auf Strukturfragen wendet, ist vor diesem Hintergrund nicht verwunderlich. Für die persönliche Spiritualität und für eine evangeliumsgemäße Verkündigung gibt es viele Quellen und Inspirationen – unabhängig vom amtierenden Papst. Ordensgemeinschaften, Bewegungen, Seelsorgende, einzelne Gläubige werden – bei aller Offenheit für Anregungen – ihre persönliche, gewachsene Spiritualität nicht von Papst zu Papst oder Bischof zu Bischof wechseln – das wäre sehr wenig spirituell gedacht.

Denn es ist umgekehrt auch gar nicht Aufgabe des Papstes, Spiritualitäten vereinheitlichend zu bestimmen. Es ist aber – zusammen mit dem Bischofskollegium – seine Aufgabe, den rechtlichen und strukturellen Rahmen für die Gesamtkirche so abzustecken, dass christliches Leben in der nötigen Einheit, aber auch den legitimen Verschiedenheiten (LG 13) möglich ist. In diesem Punkt wird von vielen – nicht nur in Europa – Handlungsbedarf diagnostiziert, aus guten theologischen Gründen und unter Berufung auf gute katholische Tradition. In dieser Hinsicht blieben nachkonziliare Entwicklungen hinter Anliegen der Konzilsväter und hinter Konzilstexten zurück. Eben darum ist jetzt von Erwartungen an das nächste Pontifikat in Sachen Kirchenstrukturen und Reformen die Rede – nicht statt spirituellen Lebens, sondern zur besseren Gestaltung des Rahmens kirchlichen Lebens und pastoraler Verantwortung in den Ortskirchen.

(emf) in http://www.konzilsblog.ch


© imprimatur März 2013
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