Die Glosse

Im Juni 2013

Lieber Sepp,

als Sozi und Gewerkschafter hältst Du ja nicht viel von Heiligen, weil die unkritisierbar sind! Ein Gewerkschafter schwimmt ja aus Prinzip immer gegen den Strom, warum auch ich selber mit Dir meine Schwierigkeiten hab.

Im folgenden Fall will ich grad deswegen Dein Urteil hören. Also, der belgische Protestant, Gert de Weerd ist ein Wohltäter an den Heiligen. Er hat hunderte von Heiligenfiguren, die wo im vorigen Jahrhundert aus den katholischen Kirchen in die Rumpelkammern und auf die Speicher abtransportiert worden sind, mit großem Einsatz aufgetrieben, eingesammelt und in der Klosterkirche der Kamillianer in Vaals fürs Publikum kompanieweise neu ausgestellt. Kurioserweise mögen die Leute sie dort und besuchen sie haufenweise. Auf dem Bild im „Paulinus“ sind das überwiegend Jungsiegfriede und Unschuldsengel, auch Könige, Päpste oder wirkliche Jungfrauen, die wo der Vatikan am liebsten zur Ehre der Altäre erhebt. Allerdings mich selber gruselts vor dem Foto mit dieser Häufung von verklärten und entrückten Antlitzen. Darunter ist aber auch nicht ein Einziger, von dem Du Dir vorstellen kannst, Dich mit ihm auf einen Humpen in einen Biergarten zu setzen.

Unsereiner verliert fast die Lust auf den Himmel, wo man ja mit den weibischen Komplizen auf engem Raum zusammenhausen wird. Wie muss sich der liebe Gott erst unter solchen ihn permanent anhimmelnden Langweilern fühlen, denn Rom hat kein Fingerspitzengefühl dafür, wen es dem Herrgott direkt auf die Pelle schickt. Dort unter den Bischöfen wird einmal der Tebartz von Elst mit seinem BMWCabrio parken, wenn der liebe Gott ihn lässt.

Die Heiligen, wo man in Gerts Sammlung antrifft, wirken fast alle makelos wie die Lourdes-Madonna, sind aber Gipsköpp, keiner mit vom Leben gezeichneten Fur-
chen im Gesicht. Der heilige St. Joseph zum Beispiel, mein Schutzpatron, steht als Handwerker da und hält eine Lilie vor sich hin wie wir eine Bierflasche zum Prosten. So kann ich mir meinen Schutzpatron nicht einmal bei einer Werkstattseinweihung vorstellen. Ich hab den Verdacht, die ganzen frommen Kameraden stammen aus industrieller Serienproduktion: ein Klumpen Gips ein paar kitschige Farben, eine Schablone, schon rattert die Maschine los und hinten heraus kommt ein Schock Heiliger einer wie der andere. Und dann wurden sie über den Devotionalienhandel an Kirchen und frommen Privathaushalte verkloppt. Wer nur einmal vor so einem Kumpanen gekniet und gemerkt hat, das ist ein Heiliger aus billigem Gips, dem sein religiöses Gemüt ist im Eimer.

Für viele von den Gipsheiligen ist Gert de Weerd der Retter vor dem Partykeller, der Rumpelkammer oder sogar der Hölle einer Müllkippe. Der Gert hat sicher viel in Heiligenlegenden gelesen, wobei der z.B. erfahren haben könnt, dass der heilige Werner in seinem Märtyrerblute der himmlischen Heimat zugeschwommen wär. Wenn man das vor Augen hat, kann man erst das Verdienst vom Gert ermessen und verstehen, was für eine Schande es wär, wenn man die Statue vom Werner beim schäbigen Abfall vergammeln lassen tät.

Sollten wir zwei nicht an den schwarzwälder Bayern im Vatikan schreiben, den Erzbischof Gänswein, und ihn bitten, in unserem Interesse dafür zu sorgen, dass ein paar herzhafte Männer und einige kernige Frauen auf die Liste von denen, die wo heilig gesprochen werden sollen, kämen. Um nur ein Beispiel zu nennen: So ein raubauzigen „Heiliger“ wie der Franz-Joseph Strauß, zugegeben, der hat sein Quantum Dreck am Stecken, aber der tät den Himmel unterhaltsamer machen. In den robusten 14 Nothelfern hätt er schon Kumpels. Franz Joseph dürft dann allerdings nicht nachtragend sein, weil die Nothelfer ihn damals in New York, wo ihm die Nutte den Geldbeutel samt den Papieren geklaut hat, im Stich gelassen haben.

Du als Sozi hältst meinen Vorschlag sicher für eine Zumutung, aber nenn mir einen SPD-Mann von gleichem Kaliber, der wo für den Vatikan akzeptabel wär. Eigentlich müsst Dich der fröhliche Zecher, sankt Dionysos, mit dem Himmel versöhnen, den würd ich nämlich gern dort mit Dir treffen. Sollten wir den trinkfrohen Gesellen nicht zum Schutzpatron unseres Stammtischs erklären!. - Sepp, ich hab nachgeschaut – der steht gar nicht in meiner Heiligenlegende drin.

Reden wir beim Stammtisch am Donnerstag darüber

Dein Freund Joseph

P.S.: Sepp, man hört munkeln, unser Benedikt XVI. hätt den Bettel hingeschmissen, weil man dem nachgewiesen hat, dass in seinem Vatikan, wo alles aus Gold ist, in Wirklichkeit aber Sodom und Gomorrha herrschen würd. Eine Schwulenmaffia tät dort ihre Fäden ziehen. Der Ratzinger, als sogenannter Urbayer ramponiert weltweit unser ganzes Image, indem dass der angesichts dieser Zustände an seinem Heiligen Stuhl panisch die Flinte ins Korn wirft und in Pension geht. Drauf kommt der Franziskus, ein argentinischer Italiener daher, sieht den vatikanischen Schlamassel und sagt: „Die Gay-Lobby ist da… man muss sehen, was wir machen können.“ Das ist ein Kerl, der holt Schrubber und Besen und räumt auf. Also das ist bayrisch gehandelt, auch wenn der leider nur ein Südländer ist! Sepp, ich fang an, meine Gesinnung zu ändern! Also, für mich ist ab jetzt jeder ein Bayer, der wo Mumm beweist.


© imprimatur Oktober 2013
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