Die Glosse

Rauschheim an Mariae Himmelfahrt 2013

Lieber Sepp, alter Sozi,

eines kann man sagen, wer nur die Frauen vom Mütterverein oder den Frauentyp der Pfarrhaushälterinnen ein Leben lang um sich gehabt hat, der könnte meinen, Frauen wären generell brav, hilfsbereit und täten sich jeder Anweisung fügen. Sepp, so erklär ich mir die Zuversicht, mit der die Hierarchie glaubt, die Frauen vom Streben nach dem Priesteramt abbringen zu können.

In meinen Augen ist diese Zuversicht ein bombensicherer Zölibatstest: Wer ehrlich glaubt, man könnte tatsächlich die Frauen am Aufstieg in der Kath. Kirche noch hindern, ihnen also das Priesteramt versperren, der hat bestimmt nicht länger mit einer heutigen Frau zusammen gelebt, der ist Repräsentant des frauenlosen Lebens, also totsicher ein Zölibatär.

Setz Dich mal vor eine moderne Frau hin und mach der klar, ihre Weiblichkeit wär ein solch kapitaler Makel, dass sie allein derentwegen nicht einmal richtiger Diakon werden könnt, weil nämlich jeder Amtsträger den Jesus repräsentieren müsst. Und dann der Hammer: Nur ein Mann könnt den Mann Jesus im Amt repräsentieren. Vielleicht würde die Frau, die sich bei der Begründung wie ein Bastard vorkäm, dann schweres Geschütz auffahren und losschießen: „also, selbst wenn der männliche Repräsentant ein Kinderschänder ist, kann er Jesus besser vertreten als jede Frau, und wenn sie noch so engagiert ist“.

Sepp, also von mir aus gesehen, wenns z. B. um den Vorsitz im Handwerkerverein gehen tät, lass ich mich tausend Mal lieber von einer tüchtigen Frau (etwa meiner Frisöse) als wie von einem männlichen Waschlappen vertreten oder repräsentieren.

Die kirchliche Bockigkeit erinnert mich an die Zeit, wo die Frau in unserer Gesellschaft auch noch für total unfähig gehalten worden ist, Richter oder Arzt zu werden. Kräuterweib oder Braucherin war das Höchste.

Früher hat man den Frauen in der Politik die Türen zu den Ämtern gradso kurzschlüssig versperrt. Was war das am Anfang der Demokratie ein Gezeter um das Frauenwahlrecht! Aber, das weißt Du als Gewerkschafter ja besser als wie ich. Nachdem dann die Frauen auf einmal gleich gewichtige Wahlstimmen hatten wie die Männer, war die Sache geritzt. Heut findet kein Hinterwäldler mehr etwas dabei, wenn Frau Merkel Kanzlerin ist, nicht einmal in den katholischen Landstrichen, obwohl die doch evangelisch ist. Also, ich mein, in der Kirch wär das nicht anders, wenn die Frauen erst einmal in Amt und Würde kämen. Die Protestanten haben das Experiment ja schon hinter sich und fahren, soweit ich das sehe, gut mit den Frauen. Apropos „fahren“, das Malheur mit der Käsmann ihrer Fahrt im Suff ist inzwischen auch schon kalter Kaffee.

Maria Theresia oder Katharina, die Große, hätten die Männer auf jeden Fall von den Fähigkeiten der Frau überzeugen müssen. Aber diese großen Damen haben damals durch ihre souveräne Regentschaft die Männer in die Eifersucht getrieben und in eine noch verbissenere Abwehr aus Angst davor, dass das mit den Frauen auf hohen Posten Schule macht, und die von Frauen besetzten Stellen, sind in jedem Fall für Männer weg. Übrigens, Sepp, hab ich vom Pater Gescheitle gehört, in der Katholischen Kirche gäb es ja schon einzelne durch einen Bischof richtig geweihte Priesterinnen. Und das wär ein Skandal! Aber grad wegen denen würden die Hierarchen so radikal in ihrer Abwehr. Sie sagen: „Die Tür zum Priestertum ist für Frauen endgültig verschlossen“ Wer sieht heutzutage, wenn es um Meinungsverschiedenheiten geht, darin noch eine Lösung, dass man dem, der etwas verlangt, kurzerhand die Tür vor der Nase zuschlägt. So lässt sich die Männerhierarchie grad gar nicht für alle Zeit sichern. Also, ich bin überzeugt, es kommt wie bei der Mauer 1989. Die DDR hielt die gradso für eine „versperrte Tür“, ein festes Bollwerk gegen den Westen, und dann? Auf einmal 1989 gings wie abgesprochen an allen Ecken und Kanten los, und der eiserne Vorhang wurde überrannt.

Also Sepp, ich prophezeie Dir, die Weibsleut sind stärker als wie es sich ein Zölibatär vorstellen kann, der ja überhaupt nicht durch den Ehekampf vorgewarnt ist. Viele von denen haben noch die Vorstellung, Frauen wären alle irgendwie sanfte Muttergottesse in blauen oder weißen Gewändern wie die von Lourdes oder Fatima. Denen werden die Augen aufgehen, wenn in naher Zeit die Frauen anrücken und die Bastionen der verknöcherten Männerklerisei lächerlich machen, indem sie gegen diese anrennen. Dann wird das „versperrte Tor“ geknackt wie ein Streichholz.

Wie der leutselige Papst Franz denkt, weiß man nicht so genau. „Die Tür ist verschlossen“ aus seinem Mund, könnt ja heißen, „von meinen Vorgängern verschlossen worden, ich bin aber im Grunde bereit, irgendwann diese Tür aufzusperren, ich muss nur noch den Schlüssel suchen“. Das sieht auch der Christian Weisner von „Wir sind Kirche“ so.

Mach Du Dir Deine Gewerkschaftergedanken über den Fall! Bis zum Stammtisch am Donnerstag!

Dein Spezi Joseph

P.S.: Also, ich glaub, die katholischen Frauen erreichen ihr Ziel eher als wie der Rudy Tauscher mit seinem Brauhaus in Manhatten, wodrin der probiert, echtes Bayerisches Bier zu brauen.


© imprimatur November 2013
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