Überarbeitung
der Leitlinien zum Umgang mit sexuellem Missbrauch und Rahmenordnung Prävention
abgeschlossen
„Präzisierung und Erleichterung für
die Praxis“
Der Ständige Rat der Deutschen Bischofskonferenz hat auf seiner jüngsten
Sitzung die „Leitlinien für den Umgang mit sexuellem Missbrauch Minderjähriger
und erwachsener Schutzbefohlener durch Kleriker, Ordensangehörige und andere
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz“
sowie die „Rahmenordnung Prävention gegen sexualisierte Gewalt an
Minderjährigen und erwachsenen Schutzbefohlenen im Bereich der Deutschen
Bischofskonferenz“ verabschiedet. Sie sind überarbeitete Fortschreibungen
der bisherigen Regelungen, die 2010 ad experimentum für drei Jahre in Kraft
gesetzt worden waren.
„Mit der Überarbeitung kommen die deutschen Bischöfe ihrer
Verantwortung und Achtsamkeit nach, die sie Minderjährigen und erwachsenen
Schutzbefohlenen schulden“, erklärt Bischof Dr. Stephan Ackermann,
Beauftragter der Deutschen Bischofskonferenz für Fragen sexuellen Missbrauchs
an Minderjährigen. „Durch die Überarbeitung konnten die Dokumente
präzisiert werden, was deren Handhabung in der Praxis erleichtert. Beide
Dokumente berücksichtigen die in den zurückliegenden drei Jahren gesammelten
Erfahrungen sowie Empfehlungen von inner- und außerkirchlichen Experten“,
so Bischof Ackermann. In fünf Jahren werden Leitlinien und Rahmenordnung
erneut einer Überprüfung unterzogen.
Die Fortschreibung der Leitlinien hat unter anderem folgende Änderungen
zur Folge:
- Bisher bezogen sich die Leitlinien lediglich auf sexuellen Missbrauch an
Minderjährigen. Der Anwendungsbereich wurde nun um die Personengruppe
der erwachsenen Schutzbefohlenen erweitert, da diese aufgrund ihrer Lebenssituation
auch stärker gefährdet sind, Opfer von sexualisierter Gewalt zu
werden. Dazu gehören zum Beispiel Menschen in Einrichtungen der Behindertenhilfe,
der Psychiatrie oder der Pflege.
- Die Regelungen für die Rückkehr eines als Täter straffällig
gewordenen Klerikers in den seelsorglichen Dienst wurden enger gefasst: Danach
ist die Rückkehr eines Klerikers in den Seelsorgedienst völlig auszuschließen,
wenn dieser Dienst eine Gefahr für Minderjährige oder erwachsene
Schutzbefohlene darstellt oder aber ein Ärgernis hervorruft. Ob ein Ärgernis
vorliegt, muss durch eine differenzierte Einzelfallprüfung geklärt
werden, bei der die Schwere der Verfehlung und das Persönlichkeitsbild
des Klerikers genauso Berücksichtigung finden müssen wie die Frage
nach dem Vertrauen in eine glaubwürdige künftige Ausübung des
Seelsorgedienstes.
- Die Berücksichtigung sowohl des weltlichen als auch des kirchlichen
Rechts wurde in den Leitlinien nochmals klargestellt. Im Sinne einer besseren
praktischen Handhabung wurde auf die jeweils einschlägigen Rechtsvorschriften
Bezug genommen. Kleriker, Ordensangehörige und andere Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst unterliegen sowohl dem weltlichen als
auch dem kirchlichen Recht. So werden beispielsweise tatsächliche Anhaltspunkte
für den Verdacht einer Straftat nicht nur an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.
Nach dem Kirchenrecht hat der zuständige Bischof gegen den betreffenden
Kleriker auch eine kirchenrechtliche Voruntersuchung einzuleiten, wenn Anhaltspunkte
für eine Straftat vorliegen.
- Die bisherigen Regelungen zum Thema Prävention wurden aus systematischen
Gründen überwiegend in die Rahmenordnung Prävention überführt.
Die Fortschreibung der Rahmenordnung Prävention hat unter anderem folgende
Änderungen zur Folge:
- Um den Schutz der erwachsenen Schutzbefohlenen zu konkretisieren und zu
stärken, enthält die Rahmenordnung nicht nur – wie bisher
– einen Verweis auf diese Personengruppe, sondern bezieht sie ausdrücklich
und konsequent mit ein.
- Die Rahmenordnung verwendet weiterhin den Begriff „sexualisierte
Gewalt“, der in der Praxis der Präventionsarbeit der gängige
ist. In den Leitlinien, die überwiegend juristisch geprägt sind,
wird weiterhin der strafrechtliche Begriff „sexueller Missbrauch“
verwendet.
- Als wichtiges Ziel der Präventionsarbeit wird die Entwicklung einer
neuen Kultur des achtsamen Miteinanders formuliert. Zu diesem Zweck sollen
transparente und überprüfbare Strukturen und Prozesse zur Evaluation
der präventiven Maßnahmen geschaffen werden. Auch die Beteiligung
von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Kindern, Jugendlichen und Eltern wurde
als wichtiges Element der Präventionsarbeit verdeutlicht.
- Aufgrund von Rückmeldungen aus der Praxis erfolgte eine ausdrücklichere
Differenzierung zwischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf der einen Seite
sowie ehrenamtlich Tätigen auf der anderen Seite.
- Unter der Überschrift „Institutionelles Schutzkonzept“
wurden die vorgegebenen Maßnahmen zur Prävention präzisiert.
Die von katholischen Institutionen zu entwickelnden Schutzkonzepte müssen
beispielsweise festlegen, dass die Prävention gegen sexualisierte Gewalt
im Vorstellungsgespräch, während der Einarbeitungszeit und auch
in weiterführenden Mitarbeitergesprächen thematisiert wird und dass
sie in der Aus- und Fortbildung Pflichtthema ist. Außerdem müssen
als Teil des Schutzkonzepts ein Verhaltenskodex entwickelt und Beschwerdewege
beschrieben werden. Nachdrücklich wird eine „nachhaltige Aufarbeitung“
verordnet, wenn ein Vorfall aufgetreten ist. Bestimmungen zum „Qualitätsmanagement“
konkretisieren die Verantwortung der Träger für die Umsetzung von
Präventionskonzepten.
- Der Aufgabenbereich der diözesanen Präventionsbeauftragten wurde
aufgrund der in den Diözesen vorliegenden Erfahrungen erweitert.
„Die bisher schon wirksam angewendeten Leitlinien und der intensive Prozess
der Umsetzung der Präventionsmaßnahmen erfahren durch die Fortschreibung
noch einmal deutliche Verbesserungen und Ausweitungen in unserem Kampf gegen
sexualisierte Gewalt. Die überarbeiteten Dokumente, die weit über
den katholischen Raum hinaus Anerkennung erfahren, zeigen, dass die katholische
Kirche sich für den Schutz von Kindern, Jugendlichen und erwachsenen Schutzbefohlenen
in ihren Institutionen verantwortlich weiß. Kirche will ein sicherer Lern-
und Lebensraum sein“, erklärt Bischof Ackermann. „Uns Bischöfen
liegt daran, dass die aktualisierten Dokumente nun möglichst zügig
in die Praxis umgesetzt werden. Den diözesanen Präventionsbeauftragten
bin ich dankbar, dass sie bei ihrem Jahrestreffen vor wenigen Tagen in Freiburg
bereits die aus der Rahmenordnung Prävention resultierenden Fragestellungen
und Ansätze für die praktische Präventionsarbeit erörtert
und sich über das weitere Vorgehen verständigt haben“, so Bischof
Ackermann.
© imprimatur Dezember 2013
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