Die Glosse

Rauschheim vor Allerseelen 2013

Lieber Joseph,

Wenn Du dem Chefideologen Müller vom Vatikan zuhörst, vergeht dir die Lust, katholisch zu bleiben! Wie der den Limburger Tebartz verteidigt, das zieht Dir die Schuh aus.

Also der Tebartz reist nach seinen Worten aus christlicher Nächstenliebe nach Indien zu Kindern, die im Steinbruch schuften müssen und erklärt den Journalisten, er wär in der First Class dorthin geflogen, um es den Ärmsten zu ersparen, einen Bischof schläfrig erleben zu müssen. Denn, wie sollte ein mit dem Schlaf kämpfender Bischof die christliche Hoffnung und Lebenszuversicht glaubwürdig weiterschenken! Das sind nach seinem Kopf die Erwartungen von den erbarmenswerten Kindern und Jugendlichen an einen reichen deutschen Bischof. Der Tebartz versteht von Tuten und Blasen nicht die Bohne!

Dann behauptet er steif und fest, er wär gar nicht im Schlafabteil geflogen. Was dann aber offensichtlich erstunken und erlogen war. Das Ergebnis: ein Strafbefehl gegen den bischöflichen Lügner, jedenfalls hat ihn die Hamburger Staatsanwaltschaft gefordert.

Gerad so hinterfotzig ist sein Verhalten bei der Finanzierung des Baues von seinem „Diözesanen Zentrum St. Michael“, also der Bischofswohnung samt seinem Büro und seiner Privatkapelle. Wie das kam, dass das Ding statt 5,5 Millionen auf einmal 31 Millionen kostet (ein paar Posten weiß man: eine Badewanne für 15 000 €, ein Tisch für 25 000 € die Vorrichtung für einen hängenden Adventskranz 100 000 €), ohne dass der Vermögensverwaltungsrat eingeschritten wär, der wo den Bischof doch beim Geldausgeben kontrollieren soll, ist eine Sauerei. Der Bischof hat seinem Rat ganz primitiv die Rechnungen einfach nicht gezeigt, und die Räte haben sich das dann gefallen lassen. Jetzt maulen die trottligen Herrn: Der Tebartz hat uns „hinters Licht geführt“ und ein Pfarrer drückt es so aus: Er hat uns alle „verarscht“. Aber
sie vom Rat haben ihn protzen lassen, ihn nicht vor sich selber geschützt. Er wurde in gewisser Hinsicht im Stich gelassen.

Jetzt, wo das alles rausgekommen ist, ist die Empörung in der Diözese nicht mehr zu bändigen. Geistliche wie Laien fordern mit Schmackes den Rücktritt des Bischofs.
Wer springt ihm in dieser heiklen Situation neben seinem Ziehvater, Kardinal Meisner, sonst noch bei? Es ist der Erzbischof Müller von Rom. Den nämlich hat unser Landsmann Joseph Ratzinger als seinen Vertrauten, zum Chef der Inquisition - sie heißt jetzt irgendwie anders, harmloser - eingesetzt, der also stellt sich vor den Tebartz und weist nicht nur die Kirchensteuer zahlenden Diözesanen, sondern auch die Kleriker samt einigen Bischöfen, die wo die Glaubwürdigkeit unserer Kirche vor diesem Bischof retten wollen, in die Schranken. Bis heute schiebt der Müller die Schuld am Limburger Debakel komplett der Presse in die Schuhe, die nämlich hätte das Maul halten sollen, und der ganze Schlamassel hätt sich unter den Teppich kehren lassen.

Weil sich im Falle Tebartz in moralischer Hinsicht nichts verteidigen lässt, macht der Müller einen verblüffenden Sprung ins pure Instituionelle, hinein ins katholische Amtsverständnis. Jeder Bischof hätt für die Seelsorge und die Finanzen in seiner Diözese einen „Persilschein“ und wär vom Rang her allein dem Papst, dem Stellvertreter Gottes auf Erden, verantwortlich. Nur ihm steht es zu, meint der Chef der Glaubenslehre von der gesamten Katholischen Kirche, einen Bischof ins Gebet zu nehmen. Die Kritik von jedem anderen, selbst der Bischofskonferenz wär Anmaßung.

So eine Figur wie der Müller entscheidet aus der allerobersten Führungsriege im Vatikan! Bei uns in der Gewerkschaft, würde so einer bei der nächsten Wahl zum Teufel gejagt, weil er der Arbeiterbewegung einen unkalkulierbaren Rufschaden ans Bein binden tät. In der Kirch ist gegen den nichts zu machen. Joseph, in so einem Laden sollt man seinen Hut nehmen und gehen.

Joseph, aus dem Vergleich siehst Du, wie die Kirch umgebaut werden müsst. Viele von unseren katholischen Gewerkschaftern, die wo noch nicht alle Hoffnung aufgegeben haben, wären sicher bereit, der Kirch bei der Umwandlung in eine halbwegs vertretbare Demokratie mit Rat und Tat unter die Arme zu greifen.
Der Müller ist ein echter Komplize von dem Tebartz. Aber wie der als Kumpan den Tebartz aus seinem Schlamassel herauszupauken versucht, das verstärkt nur die Empörung gegen den. Der Müller stößt jedem, der wo in unserer Demokratie für sich Mitbestimmung fodert, gewaltig vor den Kopf. Diese absolutistisch autoritären Amtslösungen machen ratlos und fahren, das prophezeie ich Dir, das gesamte Hierarchiesystem am Ende an die Wand!

Joseph, unsere Kirche geht schweren Zeiten entgegen, wenn der Papst Franziskus nicht einschreitet, hab ich keine Hoffnung mehr auf Besserung, dann erleben wir in Deutschland eine Austrittswelle, die wie ein Tsunami alles über den Haufen wirft.

Bis zum Stammtisch am Donnerstag
Dein Kumpel Sepp

P.S.: Joseph, ich sage Dir, nicht ein einziger Gewerkschafter, und wenn er aus einem noch so katholischen Haus kommt, hälts in der Kirch, wenn die solche Tebartze und erst recht Müllers weitermachen lässt, noch lange aus. Ich glaube nicht einmal, dass Du bei den Zuständen Deinen brav-katholischen Heimwerkern die Anhänglichkeit an die Kirch bewahren kannst.


© imprimatur Dezember 2013
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